Jüdische Gemeinde Buch beleuchtet den Wiederaufbau der Jüdischen Gemeinde

Düsseldorf · Annette Kanis hat das Buch „Zuhause in Düsseldorf“. Die Jüdische Gemeinde 1945 bis heute“ geschrieben. Es wurde jetzt vorgestellt.

Annette Kanis ist die Autorin des Buches über die Jüdische Gemeinde. Foto: Peter Schreiner

Foto: ja/Peter Schreiner

Shoa klingt so viel sanfter als Holocaust, doch meint es dasselbe: den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden Europas. Auch in Düsseldorf. Womöglich auch ein Grund, warum Anette Kanis’ Buch „Zuhause in Düsseldorf“ über die Jüdische Gemeinde in der Stadt erst „nach der Shoa“ einsetzt, die Wiederaufbau-Jahre nach 1945 beleuchtet. Dazu schmückt ein siebenarmiger Chanukka-Leuchter den Titel als Symbol für den Neubeginn.

„Für Viele war die Gemeinde das zweite Zuhause in Düsseldorf“, erklärt die Autorin bei der Buchvorstellung im Leo-Baeck-Saal der Gemeinde. Viele waren es nicht mehr nach dem Krieg. Von vormals 5000 Mitgliedern waren gerade mal 50 zurückgekehrt. Doch in sieben Jahrzehnten ist ihre Zahl wieder gewachsen, nicht zuletzt durch Zuwanderungen aus Rumänien, Ungarn, Tschechien und den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjet-Union.

Heute beherbergt Düsseldorf mit über 7000 Mitgliedern die drittgrößte Jüdische Gemeinde in Deutschland, nach Berlin und München, noch vor den einwohnerstärkeren Städten Hamburg und Köln. Deshalb sei das jetzt vorgestellte Buch auch eine Erfolgs-Story, erklärt Gemeinderatsvorsitzender Adrian Flor stolz: „Wir haben den größten Kindergarten und die beste Grundschule.“

Ein Meilenstein war die 1958
eingeweihte Synagoge

Ein Meilenstein in der Geschichte des Wiederaufbaus der Jüdischen Gemeinde war zweifellos die 1958 eingeweihte Synagoge an der Zietenstraße. Die große Synagoge an der Kasernenstraße war in der Pogrom-Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 in Flammen aufgegangen; an die ältere Synagoge, ebenfalls an der Kasernenstraße, erinnern heute nur noch zwei Stolpersteine an eine ehemalige, umgekommene Rabbiner-Familie.

Der Platz vor dem jetzigen Zentrum jüdischen Lebens in Düsseldorf, vor dem im Frühling japanischen Kirschbäume so hell leuchten, als seien auch sie ein Zeichen für blühendes Gemeindeleben, ist nach Düsseldorfs prominentestem Gemeindemitglied benannt: dem Journalisten und Zentralrats-Präsidenten Paul Spiegel. Dessen Erinnerungen tragen bezeichnenderweise den Titel: „Wieder zu Hause.“

Zu Hause in Düsseldorf, für Oberbürgermeister Thomas Geisel „ein wunderbarer Titel“, auch „weil es keine Selbstverständlichkeit ist, dass Juden zu Hause in Düsseldorf sind“. Die Wiedergründung der Jüdischen Gemeinde sei „ein kleines Wunder und ein großes Glück. Sie verkörpere die besten Tugenden der Stadt wie Weltoffenheit und Willkommenskultur.

Erst kürzlich hätte er die nach dem ehemaligen NRW-Justizminister benannte Josef-Neuberger-Medaille an die Vizepräsidentin des Landtages verliehen. Im Buch lässt sich nachlesen, dass zu den zuvor damit Geehrten auch Angela Merkel, Iris Berben und die Toten Hosen gehören.

„Viele können ihr Leben nicht mehr erzählen“, bedauert seine Autorin. Doch sie fand noch wichtige Zeitzeugen. Der 191 Seiten starke Band (Droste-Verlag, 25 Euro) ist eine reich bebilderte Mischung aus historischen und persönlichen Geschichten und Interviews. „Zuhause in Düsseldorf“ lebt von den Erinnerungen. Autorin Anette Kanis: „Offene Worte haben mir beim Schreiben geholfen.“ Beispielsweise die Aussage des Gemeindemitglieds Jekabs Zagorje: „Hier in Düsseldorf habe ich keine Angst, nicht vor der Polizei, nicht vor anderen Leuten.“

Annette Kanis: „Man könnte noch mehr Bücher schreiben.“ Darüber, dass jüdisches Leben in Düsseldorf in vielerlei Richtungen in Bewegung ist, sogar ins Brauchtum der Stadt. In diesem Jahr, auch das ist festgehalten, zog erstmals ein Motto-Wagen der Jüdischen Gemeinde mit im Rosenmontagszug: Heinrich Heine, Kippa auf dem Kopf, Feder in der Hand, lehnte lässig am Schlossturm.