„Das Ego muss zurückstehen

Interview Pianist Lars Vogt über Brahms und Kammermusik.

Foto: Anna Reszniak

Er gehört zu den bedeutendsten Pianisten Deutschlands, der aus Düren stammende Lars Vogt. Sein regelmäßiger Duo-Partner ist der Geiger Christian Tetzlaff. Mit ihm gastiert Vogt Sonntagnachmittag, 17 Uhr, im Robert-Schumann-Saal. Auf dem Programm stehen alle drei Sonaten für Violine und Klavier von Johannes Brahms.

Herr Vogt, die Brahms-Sonaten sind doch ziemliche Brocken. Spielt man normalerweise nicht mehr als eine davon und kombiniert sie mit leichteren Duos von Haydn oder Beethoven?

Lars Vogt: Die beiden ersten Sonaten sind ja in dem Sinne keine „Brocken“. Sie sind persönliche Statements, ein sehr reifer Brahms, mit dem man ein wunderschönes Programm machen kann. Die dritte Sonate ist tatsächlich mächtig, vor allem im Dritten Satz. Da wird dann schon große Virtuosität gefordert.

Was ist denn das Besondere an den Violinsonaten von Brahms?

Vogt: Zur G-Dur-Sonate habe ich eine besonders innige Beziehung, weil sie so aus dem Inneren spricht. Sie wirkt so herbstlich-freundlich, wenn auch im letzten Satz eine leichte Melancholie auftaucht, was mich sehr berührt. Erstaunlich ist, dass die Sonaten in einer Zeit virtuoser Violinmusik entstanden sind, selber aber nicht virtuos auspacken. Der Klavierpart ist wiederum technisch schwieriger. Musikalisch gesehen, sind die Parts natürlich beide anspruchsvoll, weil die Stücke so fein gebaut sind.

Haben Sie auch manchmal Lust auf ein Virtuosen-Auftritt à la Lang Lang?

Vogt: Dass er nur auf Virtuosentum aus ist, würde ich über Lang Lang nicht sagen. Er bemüht sich ein ernster Künstler zu sein und hat unglaubliche Fähigkeiten. Wenn Virtuosität dazu da ist etwas auszudrücken wie Verzweiflung, kann sie zu etwas Rauschhaftem werden. So ist es ja auch im letzten Satz der d-Moll-Sonate, die wir spielen. Er ist genauso schwer zu bewältigen wie ein großes Klavierkonzert.

Sie spielen oft mit Christian Tetzlaff zusammen: Haben Sie einen gemeinsamen Zugang zur Musik?

Vogt: Er ist einer meiner engsten Freunde und der wichtigste musikalische Einfluss meines Lebens. Ich habe auch viel von Simon Rattle gelernt, aber durch die Dauer der Zusammenarbeit noch mehr von Tetzlaff. Er sagt übrigens, umgekehrt sei es auch für ihn. Unsere Freundschaft ist auch von immensem Respekt getragen.

Sie haben ein eigenes Festival in Heimbach und sogar ein eigenes Orchester: Welche Lücke wollen Sie damit schließen?

Vogt: Das sind alles Dinge, die aus Leidenschaft entstanden sind zusammen mit begeisterten Musikern. Sie kommen jedes Jahr wieder. Uns eint der Geist der Kammermusik.

Was für ein Geist ist das?

Vogt: Das ist der des Suchens nach der Wahrheit. Dabei bringt jeder seine Persönlichkeit mit ein. Gleichzeitig muss aber das Ego zurückstehen. Denn ich muss mit meinem Wunsch zu wirken zurücktreten, um dem Ganzen zu dienen. Das hat auch eine gesellschaftliche Komponente: Wie alle Menschen an das Gemeinwohl denken und darauf achten, was für uns alle gemeinsam gut ist. Genau das steckt auch hinter dem Geist der Kammermusik.

Info: Sonntag, 17 Uhr. Karten kosten zwischen zwölf und 28 Euro. Tickets gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen und online.

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