Neu in den Programmkinos Streik: Ein dokumentarisch stilisierter Spielfilm

Düsseldorf. · In den Düsseldorfer Programmkinos laufen neue Filme an.

Autor Philipp Koep.

Foto: Judith Michaelis

Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein

Selbsterfindung. „Bekenne dich zu deiner Merkwürdigkeit“, so lautet die Devise des 12-jährigen Paul Silberstein, die gleichzeitig die Überlebensstrategie eines Sonderlings in einer sonderbaren Familie ist. Zwar wird der Knabe in das angesehene Haus einer reichen Wiener Zuckerbäckerdynastie geboren, doch das hilft dem fantasiebegabten Freigeist angesichts der geistigen Enge vom katholischen Internat und seines herrischen Vaters wenig.

Nach einer autobiographischen Erzählung von André Heller inszenierte Landsmann Rupert Henning diese Initiationsgeschichte mit viel Sinn für skurrile Tableaux. Er legt aber letztlich mehr Augenmerk auf gefällige Arrangements als auf gesellschaftskritischen Biss.

Bambi, tgl. 16 u. 18.45 Uhr

Streik

Es gärt in der Nation. Noch sind die Westen der Demonstranten im Rot der Gewerkschaft CGT, aber die Eskalationsspirale aus Verzweiflung und Wut, Zynismus und Ignoranz bis hin zu offener Aggression zeichnet der dokumentarisch stilisierte Spielfilm von Stéphane Brizé vor.

In der strukturschwachen Gegend von Aubagne ist der Autozulieferer Perrin Industrie der einzige Arbeitgeber. Deshalb sind die Arbeiter schweren Herzens bereit, Gehaltszugeständnisse zu machen um ihre Jobs für zumindest fünf Jahre zu sichern. Doch bald darauf fühlt sich der Unternehmer nicht mehr an die Abmachung gebunden und kündigt Entlassungen an. Gewerkschafter Laurent Amédéo (einziger echter Schauspieler in dem Doku-Drama: Vincent Lindon) beschließt, um die 1100 Arbeitsplätze zu kämpfen. Doch bald sind die Übergänge zwischen Streik und Krieg kaum noch auszumachen.

Bambi, tgl. 19 Uhr (Di. im frz. OmU)

Ein letzter Job

Basierend auf dem tatsächlichen Bank-Einbruch im Londoner Diamantenviertel, der 2015 den größten Juwelenraub der britischen Geschichte markierte, erzählt der Film von James Marsh die Geschichte einer Gang von Berufsverbrechern, die längst „jenseits von Gut und Böse“ sein sollten. Dabei setzt der Film vor allem auf seine illustre Besetzung mit Michael Cain, Tom Courtenay und Jim Broadbent, deren Filmvita immer wieder geschickt für „biographische“ Ganoven-Rückblicke genutzt wird.

Der Ruhestand ist nichts für Brian Reader, seine Frau ist gestorben und Bingo spielen mag der Bankenspezialist nicht. Also versammelt er ein Team von Schicksalsgenossen aus dem Metier um über die Ostertage einen mehrtägigen Riesencoup durchzuziehen. Brachial bohrten sie sich durch meterdicke Betonwände und räumten schließlich Safes aus. die Beute betrug fast 20 Millionen Euro. Doch die Polizei war den Schweren Jungs schnell auf der Spur und konnte sie bald verhaften. Das lag vor allem daran, dass sie eben alles andere als Genies waren und die Ganovenehre schon beim Aufteilen der Beute versagte. Als Krimi nicht unbedingt auf der Hochgeschwindigkeits-Höhe, aber als Altersfilm reizvoll.

Metropol, tgl. 16.45 u. 19 Uhr (am Mi. um 19 Uhr im engl. OmU)

Der Flohmarkt von Madame Claire

Madame Claire lebt allein in ihrem idyllischen Landhaus, in dem sie durch jahrelange Sammelei eine gediegenes Konvolut von antiquarischen Schätzen zusammengetragen hat. Eines nachts kommt ihr die Eingebung, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Kurzerhand beschließt sie, allen irdischen Tand in einem Privatflohmarkt abzustoßen. Während die Dorfbewohner kaum fassen können, was da an wertvollen Stücken verhökert werden soll, versucht Tochter Marie (gespielt von Deneuves tatsächlicher Tochter Chiara Mastroianni) die A(u)ktion zu beenden. Doch über die Erinnerungsstücke kommen sich die entfremdeten Frauen wieder näher...

Cinema, Vorpremiere am Mo. um 20 Uhr (frz. OmU)

Tea with Dames – Ein unvergesslicher Nachmittag

Very British. Vier der angesehensten Schauspielerinnen der Insel, alle mit Adelstitel Dame (die weibliche Entsprechung zu Sir) geehrt, treffen sich im Landhaus zum Teatime-Chat: Judi Dench, Maggie Smith, Joan Plowright und Eileen Atkins. Das Konzept dieser Dokumentation ist allerdings keineswegs reine Konstruktion. Tatsächlich sind die vier führenden Aktricen seit mehr als 50 Jahren miteinander befreundet und treffen sich regelmäßig. Diesmal darf der Zuschauer dabei sein und lauschen, wenn die höchst lebendigen Mittachtzigerinnen über ihre Anfänge beim Theater, die Erfahrungen beim Film und sogar ihr Lampenfieber sprechen. Dabei beweisen die Dames viel Sinn für britischen Humor und ernteten bei der Düsseldorfer Filmpremiere mehr Lacher als die meisten Komödien.

Atelier, tgl. 15, 17, 19 Uhr (So. um 15 Uhr im engl. OmU)

Der wilde Planet

Ein Schöpfungsmythos der besonderen Art präsentiert dieser französich-tschechische Zeichentrickfilvon René Laloux von 1973. Statt der üblichen Harmlosigkeit des Er zeigt  Bilder von surrealer Eindruckskraft. Erzählt wird die Geschichte einer mythischen Science-Fiction-Welt auf dem Planeten Ygam. Dort werden die menschenähnlichen Om von den Riesen Draag als Haustiere für die Draag-Kinder gehalten.

Metropol, Fr. 23.45 Uhr mit Einführung in der Reihe Mitternachtskino