30 Jahre Deichwächter Alle Menschen sollen die Rheinwiesen genießen – aber mit Achtsamkeit

Oberkassel · Der Natur- und Landschaftsschutzverein „Deichwächter“ kümmert sich um die Rheinwiesen unter anderem rund um Oberkassel. Sorgen machen viele Bierflaschen und liegengelassene Einweggrills.

 Johanna Baumgartner-Knoefel und Johann Brück wollen vermehrt Jugendliche auf ihr Verhalten auf den Rheinwiesen ansprechen.

Johanna Baumgartner-Knoefel und Johann Brück wollen vermehrt Jugendliche auf ihr Verhalten auf den Rheinwiesen ansprechen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Sie sind die Hüter im Paradies: Der Natur- und Landschaftsschutzverein „Deichwächter“ kümmert sich um die Rheinwiesen unter anderem rund um Oberkassel. 1993 gegründet, weil die Stadt „Deichgaragen“ an der Oberkasseler Brücke bauen wollte, feiert der Verein dieses Jahr 30-jähriges Bestehen. Seine Aufgabe scheint heute wichtiger denn je: Durch Corona haben noch mehr Menschen den Rhein für sich entdeckt – mit gravierenden Folgen.

„Nie war es schlimmer als heute“, sagt Johann Brück mit Blick auf den Müll an den Rheinwiesen. Rechtsanwalt Johann Brück bildet mit der Unternehmerin Johanna Baumgartner-Knoefel seit fünf Jahren das Vorstandsduo der Deichwächter. „Wenn jeder verantwortungsvoll handeln würde, bräuchte man uns gar nicht“, sagt Baumgartner-Knoefel. Während der Corona-Lockdowns haben mehr Menschen Gefallen daran gefunden, mit Blick auf den Rhein zu picknicken oder zu grillen.

Einweggrills machen den Wächtern die größten Sorgen

Die Kennzeichen an den Autos oben am Ende des Deichs stammen aus dem Umland. „Und danach räumen die wenigsten auf, lassen Flaschen und die Einweggrills stehen“, sagt Baumgartner-Knoefel. Einweggrills machen den Deichwächtern die größten Sorgen: „Durch den Klimawandel wird es richtig heiß im Sommer, der Grill geht lange nicht aus und kann die trockenen Wiesen entzünden“, warnt Brück.

Auch die Flaschen sind eine Gefahr. „Den Abschnitt an der Oberkasseler Brücke nennt man schon ‚Swarovski-Strand‘, weil so viele Glasscherben herumliegen“, sagt Baumgartner-Knoefel. Jeden Tag geht sie mit ihrem Hund spazieren - und nimmt eine Tasche mit. „Die ist danach so voll mit Leergut, dass ich sie kaum tragen kann.“ Wichtig ist beiden, dass ihr Engagement richtig verstanden wird: „Wir möchten niemandem den Spaß verderben. Alle Menschen und vor allem die Jugend sollen die Rheinwiesen genießen. Sie sollten halt nur ein bisschen achtsamer sein“, betont Brück. So sei es ein Unding, dass viele mit dem Auto bis auf die Wiesen herunterfahren – um dort ihre Picknicksachen auszuladen. Manche wissen es vielleicht nicht besser – Hinweisschilder würden helfen, so die Deichwächter.

100 Mitglieder hat der Verein. Als das Vorstandsduo seinen Dienst antrat, war das ein Generationenwechsel. Aber: Die Deichwächter wollen und müssen jünger werden. Sie wollen mehr Jugendliche ansprechen. Im Internet und in den Sozialen Medien aktiver unterwegs sein. Der Verein hat viele Facetten, die er zeigen möchte – es geht um mehr als Scherben und Müll. Es geht um die Naturlandschaft am Fluss. Was dort an Volksfesten erlaubt ist, ist klar geregelt: In der „Satzung für die Benutzung der Oberkasseler Rheinwiesen“ (von 1975) heißt es: „Die Rheinwiesen dienen der Düsseldorfer Bevölkerung ausschließlich zur Erholung.“ Veranstaltungen seien grundsätzlich verboten. Ausnahmen: Ein kleines Schützenfest, das große Schützenfest mit der Oberkasseler Kirmes und ein Zirkusgastspiel – mit maximal 20 Vorstellungstagen. Tatsächlich werden inzwischen auch viele Großdemos an der Fläche unter der Oberkasseler Brücke abgehalten. „Das müsste nicht sein“, finden die Deichwächter – weil die Busse mit den Teilnehmern manchmal bis unten auf die Wiese fahren und am Rhein parken.

Apropos Verkehr: Große Sorge macht den Deichwächtern die Planung der neuen U81-Strecke. Die soll irgendwann über eine Brücke oder einen Tunnel ins Linksrheinische verlängert werden. Eine Brücke quer über die Rheinwiesen lehnen die Deichwächter ab. Ein Tunnel würde allerdings viele Millionen mehr kosten – was ihn bisher unwahrscheinlicher macht.

Übrigens: Vor wenigen Wochen kam auch das 30 Jahre alte Thema „Deichgaragen“ wieder auf. Diesmal regte Bezirksbürgermeister Rolf Tups (CDU) an, wenigstens mal darüber zu diskutieren. Baumgartner-Knoefel und Brück schrieben Tups daraufhin sofort einen Brief: „Wir sind sicher, dass sich keine Mehrheit für ein Projekt finden lässt, das so kurz nach dem schrecklichen Hochwasser im vergangenen Sommer vorsieht, Löcher in die Oberkasseler Deiche zu buddeln, um dort Autos abzustellen.“ Die Rheinwiese und der Deich dürften „nicht angetastet werden“. Drei Jahrzehnte Deichwächter – ein Standpunkt ist geblieben.