Der Grundschul-Tag wird auf den Kopf gestellt
Der „rhythmisierte Ganztag“ bringt Pausen am Morgen und Unterricht am Nachmittag.
Düsseldorf. Die Schullandschaft hat in den vergangenen Jahren einen rasanten Wandel erlebt, der Offene Ganztag (OGS) an den Grundschulen ist nur eine Neuerung. Doch von vielen unbemerkt hat hier schon der nächste Wandel begonnen:
Der so genannte rhythmisierte Ganztag wird den Schulalltag von Kindern, Lehrern und Erziehern noch einmal grundlegend verändern. 16 Grund- und Förderschulen in Düsseldorf haben das Konzept bereits eingeführt, weitere werden folgen.
An der Grundschule Höhenstraße in Oberbilk läuft das Modell schon seit Sommer 2009. Leiterin Gabriele von Daele ist überzeugt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben: „Der bisherige Tagesablauf mit durchgehendem Unterricht bis zum Mittag ist für die Kinder zu anstrengend.“
Das neue Modell sieht stattdessen vor, die Trennung zwischen Unterricht am Morgen und Angeboten und Spiel am Nachmittag aufzuheben. Von 8 bis 16 Uhr gibt es im rhythmisierten Ganztag einen Wechsel von Unterricht, Angeboten wie Sport, Theater oder Musik und Entspannungsphasen.
Die Schulen gestalten den Übergang fließend, auch das neue Modell läuft unter der Überschrift OGS, erläutert Christiane Schüßler von der Düsseldorfer Schulaufsicht: „Entscheidend ist die Nachfrage der Eltern.“
Sind genügend Interessenten für einen kompletten Klassenzug da, kann eine Ganztagsklasse eingeführt werden — parallel zum bisherigen Ganztag und zur klassischen Halbtagsschule. Der Anspruch auf einen Halbtagsplatz bleibt also weiter bestehen. Zurzeit bieten sämtliche Düsseldorfer Grundschulen die OGS an, noch immer gehen aber 40 Prozent der Kinder mittags nach Hause. Ihre Zahl sinkt allerdings von Jahr zu Jahr.
Schulleiter Richard Schmitz von der Grundschule Südallee beschäftigt sich im Qualitätszirkel Ganztag ausgiebig mit dem Thema: „Es ist wissenschaftlich belegt, dass der Wechsel von Unterricht und Entspannung dem Biorhythmus der Kinder viel besser entspricht.“
Er nennt auch einen weiteren Vorteil: Die Lehrer werden auch im Unterricht von Erziehern unterstützt. Das verbessert nicht nur die Betreuung der Kinder. Die Erzieher kommen weg von den unattraktiven Halbtagsjobs mit wenig Einkommen, die an den Grundschulen zu hoher Fluktuation führen.
Wie viele andere glaubt auch Schmitz, dass der neue Tagesrhythmus das Modell der Zukunft ist. Doch er weiß, dass es auch Kritiker gibt, nicht alle Lehrer sind begeistert von der Umstellung. Sie brauchen außerdem Arbeitsplätze an den Schulen, um die entstehenden Löcher im neuen Tagesablauf für Vorbereitung und Korrekturen nutzen zu können: „Das ist auch eine Ressourcenfrage.“