„Der Mensch wird dem Menschen ein Rätsel bleiben“
Die Laudatio auf William Martin hielt der aus Düsseldorf stammende Erzbischof von Berlin, Heiner Koch.
Es war eine mindestens herausfordernde, beinah sogar gemeine Aufgabe, der sich Heiner Koch bei der Verleihung des Klüh-Preises stellte. Schließlich musste der Düsseldorfer, der Erzbischof von Berlin ist, über einen Mann und eine Theorie sprechen, die sich mit dem Ursprung des Lebens beschäftigt — und die keine theologische ist.
Koch hat die Herausforderung gemeistert, indem er das Verhältnis von Glaube und Wissenschaft im Laufe der Jahrhunderte untersuchte und zu einem positiven Befund für die Gegenwart kam. Um das Verhältnis war es ursprünglich gut bestellt: in der Spätantike, als das junge Christentum sein jüdisches und griechisches Erbe zu einer Synthese verband, im Hochmittelalter, als der Grundsatz galt „Der Glaube suchte das Wissen und das Wissen suchte den Glauben“. Das Ende der Harmonie ist mit Namen wie Kopernikus und Galilei verbunden, der Bruch vollzog sich endgültig mit der Aufklärung. Nun ging es um die Frage „Was ist der Mensch?“, und mit diesem Wandel taten sich Theologie und Kirche lange schwer. „Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzte auch innerkatholisch ein Nachvollzug der anthropologischen Wende ein“, sagte Koch bei der Preisverleihung.
Nach Harmonie und Konflikt ergab sich ein dritter Weg im Verhältnis von Glaube und Vernunft. Es setzte sich die Überzeugung durch, dass Wissenschaft und Theologie auf dieselbe Wirklichkeit blicken, aber unterschiedliche Schichten und Dimensionen beleuchten. Ganz wichtig dabei: Alle streben nach der Wahrheit, aber keine Seite verfügt über sie.
William Martin zum Erzbischof
Koch zitierte an dieser Stelle Papst Johannes Paul II.: „Glaube und Vernunft sind wie die beiden Flügel, mit denen sich der menschliche Geist zur Betrachtung der Wahrheit erhebt.“ Der Preisträger habe mit seiner Forschung zu den Ursprüngen des Lebens einen wichtigen Beitrag zu der Frage „Was ist der Mensch?“ geleistet, sagte Koch. Und fügte vor seiner herzlichen Gratulation noch an: „Am Ende all dieser wertvollen Versuche wird der Mensch dem Menschen ein Rätsel bleiben, eine offene Frage.“ Der Gelobte dankte auf charmante Weise. Nach dieser Laudatio könne seine Rede nur verblassen: „Der liebe Gott hat mir leider nicht die Gabe geschenkt, so schön zu reden wie Sie.“