Design macht das Leben schön
Der Lebenskünstler, Inneneinrichter und Architekt Wolf Schäfer schließt nach 22 Jahren sein Geschäft „Living Art“.
Düsseldorf. Schwarze Brille auf der Nase, dicker silberner Ring am linken kleinen Finger, lässig um die Schulter geworfener Pashmina-Schal. Design ist alles bei ihm, fast alles. Zumindest liebt Wolf Schäfer die ausgefallenen Dinge, edle Stoffe und edle Metalle, und verschönert das Leben — nicht nur das eigene, sondern auch das seiner Kunden.
In seinem Laden „Living Art“ verkauft der 69-Jährige Träume — in Form von Objekten und Möbeln, die man nirgendwo sonst findet. Eine Mao-Skulptur aus rosarotem Porzellan, eine eigene Duftkerzen-Kreation, kleine Elefanten mit vergoldeten Kerzenhaltern, irdene Vasen in der Form von Bambus-Rohren.
Nur noch wenige Tage steht er in seinem Ladenlokal — der Lebenskünstler, der um die ganze Welt reist und Waren einkauft, mit denen er dann einen Hauch von fernöstlicher Exotik in der Karlstadt verbreitet. Nach 22 Jahren schließt der gebürtige Sauerländer und graduierte Architekt am 28. Dezember sein Geschäft in der Bastionstraße 10.
Klar, dass Schäfer aus diesem Anlass die Preise bis zu 70 Prozent senkt, so dass auch Designfreaks mit kleinem Geldbeutel Schnäppchen machen können, von einer Weihnachtskarte aus dem Moma-Museum New York für zwei Euro bis zu einem breit geschwungenen, handgeschnitzten Stuhl aus schwarz lackiertem Holz aus Thailand für 4800 Euro.
Soziales Engagement zeigt Schäfer am letzten Tag: Unter dem Motto „Wir wollen alle zueinanderstehen“ kommen die Einnahmen am Mittwoch nach Weihnachten einem Kindergarten in Kashmir zugute. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge nimmt Wolf Schäfer Abschied von „Living Art“.
„Ich habe jetzt mehr Zeit für meine 9000 Bücher, für Freunde und für klassische Musik.“ Seine großen Leidenschaften: Neben Märchenbüchern aus allen Kontinenten gehören dazu besonders Konzerte und Opern. So ist er mit Starsopranistin Waltraud Meier eng befreundet, hat ihr eine Wohnung in München eingerichtet. Und kennt berühmte Dirigenten wie Valery Gergiev und Daniel Barenboim.
Vom Altenteil will Schäfer vorerst nichts wissen. Im Januar reist der studierte „Interior Desginer“ nach Jeddah, wo er die Villa eines deutsch-arabischen Ehepaares einrichten wird. Dann folgen Messen und im Mai Einrichtungs-Aufträge in Neuseeland und Los Angeles.
Ehrensache, dass er Auftraggeber niemals mit Namen nennt. Im Februar wird er zunächst ein winziges Designer-Outlet im Zoo-Viertel eröffnen, Nähe Rethelstraße. So ganz kann er’s nicht lassen. Geöffnet sei allerdings nur samstags und sonntags.
Bekannt wie eine bunte Kuh ist Schäfer seit den 80er Jahren, als er als Geschäftsführer den „Marktplatz 11“ von Gunther Lambert leitete. Erst 1990 machte er sich selbstständig. Hoch im Kurs steht er bis heute als Einrichtungs-Berater. „Wenn Sie mich zum Essen einladen, kann ich Sie beraten“, so seine Devise.
Durch Gespräche und Beobachtung der Tischsitten erfahre er viel über die Vorlieben, Stärken und Gebräuche der Kunden. „Danach weiß ich Bescheid und suche Objekte und Möbel aus, die Ihrer Psyche entsprechen.“
Sein Grundsatz: Man müsse ein Haus individuell von innen nach außen planen. Der Stil des Gebäudes sei sekundär. So passen glänzende Bauhaus-Sessel oder Philippe-Starck-Stühle auch in ein Barock- oder Biedermeier-Haus.
Ist Schäfer, der fünf Sprachen spricht und nach Kashmir reist, nur um dort Schals und Umhänge aus Wolle der Pashmina-Ziege weben zu lassen, ein Exzentriker? „Das sagen viele, aber ich lebe einfach so und bin sehr logisch.“
Er arbeite nach dem Prinzip „Erst die Funktion, dann die Dekoration“. Geprägt sei er von seinem streng kalvinistischen Elternhaus, ebenso von seiner Schreinerlehre, seinem Architektur- und Design-Studium bei einem früheren Meisterschüler von Design-Legende Le Corbusier und von seiner ersten Anstellung in Brasilien.
Dort arbeitete Schäfer im Stab des weltberühmten Architekten Oscar Niemeyer, dem Erbauer der Hauptstadt Brasilia. Bevor er nach Deutschland zurückkehrte, sammelte der Weltreisende als Bühnenbildner Erfahrungen im legendären Teatro Colon in Buenos Aires. „Damals wurden Designer aus Europa in Argentinien hofiert.“