Die Telefonzellen sterben aus
Es gibt nur noch wenige: Die Häuschen verschwinden aus dem Stadtbild.
Düsseldorf. Es gehört zu den romantischsten Erinnerungen an den ersten Freund, als dieser sich durch Wind und Wetter kämpfen musste, um von einer Telefonzelle aus seine junge Liebe anzurufen. War sie da? Wenn ja, ging sie auch ran? Und während seine Groschen und Mark-Stücke durchrauschten, fühlte man sich am anderen Ende geliebt und begehrt. So viel Mühe - nur für mich? In Zeiten von Handy, Smartphone und Co. fast vergessene Momente.
Nahezu unbemerkt ist mit der Bedeutung der Telefonzelle ein Stück Kulturgeschichte gestorben. Denn Hand aufs Herz: Wann stand man selbst das letzte Mal in einer der gelben, heute meist magentafarbenen Häuschen, aufgeregt und voller Vorfreude auf ein wichtiges Gespräch? Heute allenfalls, wenn das Handy gerade nicht funktioniert und man zumindest eine der Nummern aus dem digitalen Telefonbuch auswendig kann - meistens scheitert es ja schon daran.
„Als der Akku meines Handys einmal leer war, habe ich von der Zelle aus meine Mutter angerufen, damit sie demjenigen ausrichtet, mit dem ich verabredet war, dass ich mich verspäte - die einzige Nummer, die ich im Kopf hatte“, erzählt der 20-jährige Balamir Gabban einen typischen Fall.
Der marktführende Betreiber, die Telekom, fühlt sich kaum noch für die letzten Reste der alten Telefonzellen-Herrlichkeit verantwortlich. Genaue Stückzahlen im Stadtgebiet? Gibt es nicht - zumindest nicht auf Nachfrage. Genaue Angaben über Quoten für die „Sicherstellung der öffentlichen Telefonie“ - auch hier Fehlanzeige. Weder bei der Stadt noch bei der Bundesnetzagentur ist mehr zu erfahren. „Deutschlandweit gibt es derzeit 40 000 Telefonzellen der Telekom. Seit der flächendeckenden Einführung der mobilen Kommunikation vor gut zehn Jahren ist ihre Anzahl um die Hälfte zurückgegangen“, weiß Telekom-Sprecher André Hofmann. Immerhin. Die letzten konkreten Zahlen stammen aus dem Jahr 2011. Damals waren es 451 öffentliche Telefone. 182 davon Telefonzellen, davon wiederum 35 der gelben Klassiker FeH 78 aus den Siebzigern.
Wahrscheinlich sind es aktuell noch weniger, selbst die historischen und eigens für die Umgebung gestalteten Zellen—Kunstwerke auf der Kö sind still und heimlich im vergangenen Frühjahr verschwunden. Übrig bleiben die Häuschen und vor allem Stelen, die an zentralen Plätzen stehen: Bahnhöfe, Flughäfen, Krankenhäuser. Hier lohnt sich der Betrieb noch. Immerhin kostet so eine Zelle mit Strom, Reparaturen und Unterhalt gut 100 Euro am Tag - ohne Türen, Dach und Festern etwas weniger, daher die Stelen.
Da wundert es nicht, dass die letzten Zeugen einer Zeit vor SMS—Flatrate und Handy-Wunsch-Tarif allmählich verkommen. Besonders in Brennpunktgebieten fehlen oft Scheiben, liegt Müll herum, an einigen wurde das Telefon gleich ganz herausgerissen. Wohl kaum, um ständig und überall erreichbar zu sein.