Kunst aus Düsseldorf Landschaften aus Beton

Düsseldorf · Aus Bildern, die ihr in Zeitschriften begegnen, gestaltet Cornelia Greef mit Skalpell und Klebstoff ganz neue Landschaften. Sie sind faszinierend – und ein wenig beängstigend zugleich.

Die Collagen von Cornelia Greef spielen mit kühler Beton-Ästhetik.

Foto: Marc Ingel

Die Räume und Landschaften sind karg und meist kühl, bisweilen mechanisch geprägt, aber immer in einem Höchstmaß mysteriös. Denn diese Welten sind nicht real, sie werden im Kopf von Cornelia Greef kreiert. Genau genommen weiß sie selbst gar nicht so recht, was entstehen soll, wenn sie die zuvor mit einem Skalpell aus Zeitschriften ausgeschnittenen Bilder, Figuren, Mauern und Maschinen neu zusammenfügt. „Ich lasse mich von der Intuition leiten“, sagt Greef, die im Hauptberuf eigentlich Architektin ist und bei der Arbeit am Rechner natürlich ausschließlich logischen Grundsätzen folgen muss. „Das Schaffen der Collagen hingegen hat fast schon etwas Meditatives, wobei das Ergebnis immer einer Tagesform entspricht“, erklärt Greef.

Uns so fing auch alles an vor fünf Jahren, aus einem Zufall heraus: Kinder, Familie, Arbeit, Corona – Greef suchte nach etwas Entspannendes, Beruhigendes, stieß auf einen Stapel alter Zeitschriften und legte los mit dem Schaffen ihre Gegen-Welten, mit dem Perspektivenspiel, dem Erzählen von Geschichten, deren Interpretation doch jedem selbst überlassen bleibt. Das kam in der Familie gut an, sodass Cornelia Greef ihre analogen Collagen – nichts wird am Computer nachbearbeitet – über Instagram mit anderen teilte. Eine erste Ausstellung im White Room in Flingern ganz in der Nachbarschaft, bei der sie ihre Werke auch tatsächlich verkaufen konnte, bestärkte sie in dem Glauben, dass dieser Weg so falsch nicht sein kann. Und plötzlich war die Architektin auch Künstlerin.

Was sie dafür braucht: Neben besagtem Skalpell („das funktioniert besser als die Schere, da alles sehr kleinteilig ist“) nur einen Klebestift und ein Stück Pappe. Und natürlich die Gabe, „aus ein paar Schnipseln etwas ganz Neues zusammenzupuzzeln“. Dabei wird der Mensch nicht ausgespart, kommen Schwimmerinnen und Astronauten, japanische Mädchen und Männer mit Hüten vor, sie stehen aber selten im Mittelpunkt, sondern sind selbst faszinierte Beobachter der von Cornelia Greef geschaffenen Szenerien. Hektik ist diesen Collagen fremd, sie strahlen eher eine stoische Ruhe aus, auch wenn die oft dominierende Beton-Landschaft trotz ihrer Ästhetik durchaus auch ein wenig beängstigend wirkt.

Was die gebürtige Wuppertalerin auf ihrer Motivsuche immer benötigt, sind natürlich ausreichend Zeitschriften. Die lässt sie sich schenken, kauft sie aber auch stapelweise selbst, bevor das Blättern losgeht. Sind genügend Schnipsel beisammen, weiß die Künstlerin eigentlich nie, was sie genau erschaffen will, „es gibt keine konkrete Idee, ich zeichne auch nicht vor, fange meist mit dem Hintergrund an, füge dann Details hinzu, das Ergebnis überrascht mich meist selbst“. Das Auge der Architektin ist an der Formensprache und den klaren Linien dabei jedoch stets erkennbar.

Trotz allem bleibt die Kunst für Cornelia Greef eine Nebenbeschäftigung. „Ich arbeite daran gerne abends oder am Wochenende, manchmal aber tagelang gar nicht“, sagt Greef. Eine Arbeit kann in anderthalb Stunden oder in einer Woche entstehen. „Oft habe ich den Eindruck, da fehlt noch was und habe dann erst sehr viel später sozusagen die Erleuchtung, was genau es ist.“ Spaß hat sie daran, wie die Betrachter reagieren, welche eigenen Geschichten sie sich zurechtlegen, an was sie bestimmte Details erinnern. Und natürlich auch, dass sich ihre analogen Collagen mittlerweile ganz gut verkaufen, „das war ja ursprünglich gar nicht die Intention“.

Cornelia Greef will jetzt auch wieder mehr ausstellen, ihre Arbeiten einem breiten Publikum zeigen, Menschen erreichen. Die Kapazitäten sind vorhanden, wie viele Collagen sie in den fünf Jahren angefertigt hat, kann sie gar nicht sagen. Nur, dass sie ihr Atelier inzwischen aufgegeben hat, stattdessen jetzt das Zimmer der Tochter, die ausgezogen ist, in eine neue Werkstätte verwandeln will, wo dann Skalpell und Klebestift, Pappen, Mappen voll mit Collagen sowie Zeitschriftenstapel einen neuen Platz finden und Cornelia Greef dann wieder ihre aus Intuition und Zufall entstehenden utopischen Welten erschaffen kann.

(arc pvk)