Nachhaltigkeit in Düsseldorf Plötzlich tickt die Wanduhr wieder

Düsseldorf · Es gibt bereits viele Repaircafés in Düsseldorf, nur nicht im Norden. Doch nun ist ein Angebot in Kaiserswerth gestartet.

Volker Domdei versucht beim Repaircafé in Kaiserswerth, das Radio von Annette Schulze zu reparieren.

Foto: Georg Salzburg(salz)/Georg Salzburg

Plötzlich tickte die Wanduhr, ein Erbstück, das zuvor lange als Staubfänger an der Wand gehangen hatte, wieder. Auch die Mechanik des Toasters, die das knusprig-geröstete Brot nicht mehr auswarf, war springlebendig. Zu verdanken sind diese Reparaturen den geschickten Händen und dem Fachwissen von zehn Gründungsmitgliedern des Repaircafés Kaiserswerth. Bei dessen Eröffnung waren sechs der Gründungsmitglieder im Gemeindehaus an der Fliednerstraße und schraubten, löteten, leimten. „Wir hatten mit einer eher ruhigeren Premiere gerechnet, weil sich etwas Neues ja auch erst einmal etablieren und herumsprechen muss“, erläutert Repaircafé-Initiator Jens Baganz. „Aber sie haben uns direkt die Bude eingerannt. Teilweise kam es vor den einzelnen Reparaturtischen regelrecht zu einem Stau.“

Der wurde aber immer schnell aufgelöst, denn die Wartenden wurden zu frisch gebrühtem Kaffee, einem Stückchen Kuchen und einem kleinen Plausch eingeladen. „Wir wollen auch sozialer Treffpunkt sein. Man kann zu uns genauso ohne defektes Gerät kommen und einfach mit uns quatschen. Wir freuen uns auf viele Besucher“, sagt Baganz.

Er hatte die Idee zum Repaircafé aus eigener Erfahrung heraus. „Ich habe vor gar nicht allzu langer Zeit ein kaputtes Radio zum Garage Lab, einem Repaircafe in Flingern, gebracht. Die Idee eines Reparaturcafés finde ich super, habe aber festgestellt, dass es im ganzen Düsseldorfer Norden kein einziges davon gibt“, schildert Baganz. „Also habe ich mal auf der Website von nebenan.de gefragt, ob jemand in Kaiserswerth mitmachen will.“

Acht weitere Männer und Pia wollten. Und stellten nach drei vorbereitenden Treffen den ersten Kuchen, privates Werkzeug, Zeit und Expertise den hilfesuchenden Kaiserswerthern zur Verfügung. Die Orga-Gruppe hatte drei Optionen, wo das Repaircafé hätte stattfinden können. Es wurde schließlich das evangelische Gemeindehaus an der Fliednerstraße.

In der ersten dreistündigen Instandsetzungseinheit wurden 29 Alltagsgegenstände in Augenschein genommen und nach besten Wissen und Gewissen behandelt – allerdings ohne Reparaturzusagen und Funktionsgarantie. So konnte dann auch nicht alles wiederhergestellt werden. Zum Teil fehlten Ersatzteile, manchmal war das „gute Stück“ aber auch so marode, dass alle Mühe erfolglos blieb. „Ersatzteile können unsere Gäste bis zum nächsten Café-Termin eventuell selber besorgen, in Ausnahmefällen übernehmen wir das sogar“, so Baganz. „Dann haben wir bei unseren Bemühungen eine zweite, wahrscheinlich sogar bessere Chance, erfolgreich zu sein.“

Manchmal allerdings war es auch nur eine Frage der Zeit, der Geduld und Ausdauer, bis die Funktionsfähigkeit wieder hergestellt war. So wie bei der Wanduhr. Peter Lancaster beschäftigte sich zweieinhalb Stunden mit dem Zahnräderwerk, bis sie wieder tickte und auch das Schlagwerk Töne von sich gab. Und Lancaster ist kein Uhrmacher, sondern Naturwissenschaftler. „Die Mechanik folgt den Gesetzen der Physik“, meinte er nach getaner Arbeit lapidar. „Da kann man sich reindenken.“

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Das Repaircafé Kaiserswerth ist eine Gruppen-Initiative vieler Ehrenamtlicher mit Fachwissen. Es gibt Ingenieure, Elektriker, Naturwissenschaftler – alle lieben es, an defekten Gegenständen herumzubasteln. Dafür bringen sie eigenes Werkzeug mit. Manchmal benötigt man aber einfach Spezialwerkzeuge. Gut 400 Euro haben die Repaircafé-Betreiber bisher etwa für Schutzmatten für die Gemeindehaus-Tische ausgegeben. Um das wieder einzuspielen und weitere notwendige Messgeräte oder auch eine Lampenlupe anzuschaffen, werden die Gäste um eine kleine Spende gebeten. Die Reparaturen sind aber grundsätzlich kostenlos – bis auf die Ersatzteile. „Zu unserer Premiere kam eine Dame mit einem defekten Elektrogerät und einem Kuchen zu uns“, freut sich Baganz. So gab es also zwei Kuchen und im Erdgeschoss des Gemeindehauses war man ganz nah dran an einer Café-Atmosphäre. „Mir konnte man noch nicht helfen“, erzählt ein Café-Gast. „Aber dass es so etwas gibt, finde ich super. Ich komme nächstes Mal wieder.“

Die Ziele des Repaircafés Kaiserswerth sind klar: Müllvermeidung, Ressourcenschonung, den nachhaltigen Umgang mit Alltagsgegenständen fördern und sozialer Treffpunkt sein. Das hat Kaiserswerth offensichtlich gefehlt.