Düsseldorf feiert den WM-Sieg

Die Polizei sperrte die Heine-Allee, Autokorsos schlängelten sich durch Stadt, überall wurde gefeiert.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Bis tief in die Nacht geht nach dem Abpfiff in der Altstadt gar nichts mehr: Wildfremde Menschen liegen sich in den Armen und freuen sich. So feiern die Düsseldorfer in der Nacht zu gestern die Weltmeisterschaft. Und auch das gibt es immer wieder zu sehen: Wie auf Kommando setzen sich dutzende Menschen auf den Boden, um dann wenige Sekunden später alle zusammen hochzuspringen und minutenlang zu hüpfen. „Das ist jetzt schon das zehnte Mal innerhalb von zwanzig Minuten“, sagt Nina völlig losgelöst.

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Kurz nach Spielende werden die Heinrich-Heine-Allee und die Königsallee komplett gesperrt. „Das wäre bei den vielen Menschen viel zu gefährlich geworden, wenn da noch Autos durchgefahren wären“, sagt ein Polizeisprecher. Auch für die Rheinbahn ist es unmöglich, durch die Straßen in der Altstadt zu fahren.

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Autokorso und feiernde Fans in Düsseldorf
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Autokorso und feiernde Fans in Düsseldorf

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Gestern sagte Rheinbahn-Sprecherin Heike Schuster: „Einige Wagen mussten auf der Elberfelder Straße bis zu zwei Stunden stehen bleiben und kamen weder vor noch zurück.“ Erst kurz nach zwei Uhr wird der Betrieb wieder aufgenommen und erst ab 3.30 Uhr wird es in der Stadt ruhiger.

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Zum Glück bleibt alles friedlich. Das bestätigt auch Ballermann-Chef Mario Linssen: „Die Leute sind einfach nur lustig und unheimlich gut drauf. Ich habe auch nur einen Mann an der Tür, mehr brauche ich nicht.“ Das deckt sich mit den Eindrücken der meisten Beobachter: Die Altstadt ist nach Abpfiff voll wie sonst nur in Samstagnächten — und friedlich wie nie.

Vor der Party ist überall in der Stadt gemeinsames Fußballgucken angesagt. Das wirkt sich auch auf der Kirmes aus: „Ich hatte noch nie in meinen Leben so ein schlechtes Geschäft“, sagt Riesenrad-Chef Oscar Bruch, „aber irgendwie war das auch zu erwarten.“ Gähnende Leere vor den Fahrgeschäften und lange Gesichter bei den Schaustellern prägen das Bild. Nur die Bierzelte freuen sich über gute Geschäfte. „Normalerweise ist der Sonntag ziemlich schwach, aber heute läuft es prima“, sagt Thea Ungermann, Junior-Chefin von der Brauerei Schumacher.

Auch in den Stadtteilen wird geguckt und gefeiert. Um 20.15 Uhr etwa herrscht auf vielen Straßen gähnende Leere, dafür drängeln sich die Menschen vor den Bildschirmen. Gute Laune gibt es etwa beim Public Viewing im Open-Air-Kino „Vier Linden“ mitten im Grünen.

Sehr gemütlich, etwa 100 Leute sind gekommen. Der eine oder andere Liegestuhl ist sogar noch zu haben. Japaner in Deutschland-Trikots, Familien mit Kindern und Nachbarschaften mit Vuvuzelas, Ratschen und sonstigen Krachmachern bevölkern das Areal, holen sich Bier und Wein aus dem Akki-Haus, zu dem das Kino gehört, und ordern Pizza beim Pizzadienst. Kleinere Regenschauer zwischendurch werden weitgehend ignoriert, dafür ist das Spiel zu spannend. Kollektive Jubelschreie und Getröte nach dem erlösenden Torschuss von Götze („ausgerechnet Götze“, rufen viele Besucher), dann wird entspannt und fröhlich mitten im Park weitergefeiert.

Auch in Unterbilk an der Bilker Kirche herrscht nach dem Schlusspfiff ausgelassene Atmosphäre vor den Kneipen. Es wird getanzt, etwa zum Barry Manilows „Copacobana.“ Die Rheinbahnfahrer tragen ihren Teil zur Partystimmung bei, indem sie wie wild sturmklingeln. Einige Bahnen sind sogar mit schwarz-rot-goldenen Utensilien geschmückt.

Einziger Störfall bei der Riesen-Party: Ein Rettungsassistent der Malteser wird an der Kasernenstraße durch einen Böller schwer verletzt. Ein Fußballfan hatte ihm diesen zugeworfen, der Böller detonierte direkt am Ohr — ein 98-prozentiger Hörverlust ist die Folge.