Open-Source-Festival auf dem Prüfstand
Das Musikfest hätte besser laufen können, bilanziert der künstlerische Leiter Philipp Maiburg. Die Zukunft ist ungewiss.
Düsseldorf. Als vor neun Jahren das erste Open-Source-Festival im Löricker Freibad stattfand, goss es. Trotzdem kamen mehr als 2000 Besucher zu der Premiere dieses neuen Formats für Klangkunst. Die neunte Auflage des Festivals war am Samstag auf der Rennbahn am Grafenberg zu erleben. Das Wetter war mild und trocken, und den 5500 Gästen wurde mit Max Herre dieses Mal zusätzlich ein richtig dickes Konzert geboten. Trotzdem reichte es nicht.
Die Organisatoren um den künstlerischen Leiter Philipp Maiburg sind auf Kosten von geschätzten mehr als 50 000 Euro sitzengeblieben. Das zerrt gehörig an dem Idealismus, mit dem die Festival-Gründer einst gestartet sind. Wie und ob es im nächsten Jahr weitergeht, ist unsicher.
Herr Maiburg, 5500 Besucher hört sich nicht schlecht an. Warum sind Sie unzufrieden?
Philipp Maiburg: Weil es nicht 5500 zahlende Besucher waren. Darunter waren Künstler, Mitarbeiter, Journalisten und Gästelisten der Künstler. Wir hätten circa 1000 Karten mehr verkaufen müssen, um kostendeckend zu bleiben. Leider ist es nicht das erste Mal. In den vergangenen neun Jahren haben wir es zwei Mal bis ins Plus geschafft und das dann ins nächste Festival investiert. Aber dieses Mal ist es einfach zu dicke.
Um welche Summe geht es?
Maiburg: Ich kann sie jetzt noch nicht genau beziffern. Wir haben mit mindestens 1000 Karten à 43 Euro mehr gerechnet. Zudem kommen unvorhersehbar höhere Aufbaukosten hinzu, bedingt durch tagelangen Starkregen während der Aufbauphase. Auf der Kirmes scheint es ja ähnliche Probleme zu geben.
Mit Max Herre haben Sie dieses Jahr den Hauptact aus dem Mainstream gefischt. Anscheinend kam das nicht an.
Maiburg: Max Herre ist in Köln für September bereits jetzt mit 11 000 Karten ausverkauft, in Hannover mit 7000 Tickets. Bei uns kosten die Tickets genauso viel und man bekommt obendrein mehr Künstler zu sehen. Trotzdem lief es nicht, wie wir uns das vorgestellt haben. Nach Ela vor fünf Wochen und viel Regen vor dem Festival ist die Bereitschaft, in das Ticket einer Open-Air-Veranstaltung zu investieren, verständlicherweise nicht unbedingt gestiegen.
Dazu kommt, dass die Leute unsicher waren, ob das Gelände an der Rennbahn tatsächlich bespielt wird. Wir hatten deswegen einige Anfragen. Allerdings ist auch die Konkurrenz in der Umgebung groß. Es gibt zum Beispiel das Traumzeitfestival in Duisburg, das C/O Popfestival und das Acht-Brücken-Festival in Köln. Die Zuschauer touren nicht von Musikfest zu Musikfest. Sie haben ein Budget und entscheiden sich.
Zu Ihnen kommen die Musikliebhaber. Vielleicht war denen Herre zu dicke und der Kartenpreis zu hoch.
Maiburg: Ich weiß es nicht. Vielleicht war es ein Fehler, den Ticketpreis zu erhöhen und wir müssen das Booking herunterfahren.
Echte Genießer schreckt das Wetter nicht. Die Frage ist, ob Düsseldorf als Festivalstandort wahrgenommen wird?
Maiburg: Man verbindet Düsseldorf nicht zwangsläufig mit Musik. Trotz der Festivals Open Source, Approximation und New Fall. Uns fehlen in der Stadt einfach die Clubs, aus denen etwas erwächst. Ohne den Salon des Amateurs gäbe es Stabil Elite nicht, ohne den Ratinger Hof wären die Toten Hosen nicht entstanden. Es existiert eine motivierte Szene, keine Frage. Aber es fehlen Locations. In der alten Paketpost am Worringer Platz gab es früher den Ego-Club, Künstlerateliers und Tonstudios.
Heute sind dort das Schauspielhaus und das Ordnungsamt untergebracht. Ohne Freiräume aber kann sich keine Szene entwickeln. Die Frage ist, was die Stadt für die Zukunft will. Dabei geht es nicht darum, zu beklagen, was sie nicht gefördert, sondern was sie nicht verhindert hat. Ich habe große Hoffnung, dass Themen wie Zwischennutzung in Zukunft anders gedacht werden, um fehlende Freiräume zu kompensieren.
60 000 Euro gab es von der Stadt in diesem Jahr für das Open-Source-Festival. Nicht genug?
Maiburg: Das ist natürlich toll. Und wir liefern dafür, denke ich, auch ein Format ab, das die Schnittstelle zwischen Musik, Kunst und Design am Standort Düsseldorf immer wieder neu auslotet. Im Vergleich zu unserer Konkurrenz ist unsere Förderung übrigens verhalten: Das Kölner C/O Popfestival bekommt von der Stadt seit Jahren fast drei Mal so viel, das Reeperbahn-Festival wird erheblich vom Bund gefördert. Pop ist Teil der Jetztkultur, und zum Glück entwickelt sich auch in Deutschland so langsam das Verständnis dafür.
Wir haben uns finanziell in diesem Jahr eine echte Ohrfeige abgeholt. Das lässt sich nicht mal eben aus der Portokasse zahlen. Wenn uns da nicht jemand hilft, werden wir das Festival nicht mehr stemmen können. Ein Gesprächstermin beim Kulturamt steht schon.