Wir Düsseldorfer Goldschmiedin ist jetzt Chefin ihrer ehemaligen Chefs
Düsseldorf · Jennifer Ernst wagt auf der Friedrichstraße den Schritt zur Selbständigkeit und übernimmt das Geschäft von Klaus Feld und dessen Frau Silvia. Dort hat sie ihre Ausbildung gemacht. Von der Übergabe profitieren beide Seiten.
Rollenwechsel im Goldschmiede-Geschäft Klaus Feld auf der Friedrichstraße: Zum Jahresbeginn hat Jennifer Ernst den Betrieb ihres ehemaligen Chefs Klaus Feld und dessen Ehefrau Silvia übernommen, den Namen allerdings beibehalten. Von der Übergabe, die bereits seit 2016 geplant war, profitieren nun alle Seiten. Denn der Ex-Chef arbeitet noch an vier Nachmittagen im Geschäft und seine Frau unterstützt Jennifer Ernst freitags. Die junge Unternehmerin sagt: „Das ist wichtig für mich, ich kann einen Tag in der Woche zu Hause bleiben, mich um andere Dinge kümmern und kann auch beruhigt in Urlaub gehen.“
Die 34-Jährige, die in Mülheim an der Ruhr lebt, wusste bereits nach dem Abitur, was sie gerne machen würde. „Ich habe gerne gemalt, war kreativ, an Mode interessiert, gar nicht so sehr an Schmuck.“ Doch dann stieß sie auf den Beruf des Goldschmieds, bewarb sich bei mehreren Betrieben um einen Ausbildungsplatz — und Klaus Feld stellte sie ein. Dreieinhalb Jahre dauerte die Ausbildung und Feld lobt heute noch die „sehr guten Noten“ seiner ehemaligen Auszubildenden. Die hat dann noch ganz klassisch als Gesellin bei ihm in der Werkstatt an der Friedrichstraße gearbeitet.
Doch dann trennten sich erst einmal ihre Wege. Ernst „ging raus an die Meiserschule Essen“. Sie machte dort ihren Meisterbrief als „Gold- und Silberschmiedemeisterin“ und als staatlich geprüfte Gestalterin. Jennifer Ernst blieb in Kontakt mit ihrem alten Lehrmeister, sprang auch schon mal ein, aber für eine feste Stelle gab es keinen Platz damals.
Die Selbstständigkeit war
schon lange das Ziel
Was die junge Frau im Nachhinein überhaupt nicht schlimm findet: „Ich habe ein Kleingewerbe angemeldet, mir nebenbei eine Werkstatt aufgebaut und freiberuflich in Düsseldorf und Essen oder auf Messen gearbeitet.“ So habe sie sich vom Kleingewerbe in die Selbständigkeit „reingearbeitet“, und selbständig sein, dass war schon seit den ersten Berufsjahren ihr Ziel.
Dem sie dann 2016 mit einem Anruf von Klaus Feld näher kam. Ihr ehemaliger Chef erzählte ihr, dass seine Frau und er sich langsam aus dem Geschäft zurückziehen wollten. Da die drei sich kennen, „wie in einem Familienbetrieb“, so Ernst, lag es nahe, die ehemalige Gesellin als mögliche Nachfolgerin anzusprechen. Jennifer Ernst kehrte halbtags zurück an die Friedrichstraße und die Vorbereitungen für den Stabwechsel des Betriebes, der auch zwei Auszubildende beschäftigt, liefen an.
Denn mit Ernst kam jemand zurück, der auch die Stammkunden kennt, die aus der ganzen Region in die Friedrichstadt kommen. Geschätzt werde von Kunden beispielsweise die Beratung beim Kauf von Verlobungs- oder Trauringen. „Wir gehen auf die Paare ein, die kommen aber manchmal mit bekloppten Vorstellungen, was das Material betrifft,“ erzählt die 34-Jährige. So könne man einen Ring aus Titan und Ebenholz — wie schon gewünscht — in der Fingergröße später nicht mehr ändern und man könnte mit diesem Material auch nicht schwimmen gehen. Ernst hat erfahren, dass die Kunden für die intensive Beratung dann am Ende dankbar sind. Wie ihr Lehrmeister mag sie gerne eine Mischung aus Klassischem und Modernen, und so seien schlichte und breite Trauringe aus Gold oder Roségold gerade im Trend.
Beibehalten wird die neue Chefin auch die Service-Angebote. Dazu gehören nicht nur die Reparaturen von Uhren, sondern auch von sehr ausgefallenen Dingen. Das können Kerzenhalter sein, Taschen, die Metall verziert sind, Schuhe mit Metallbesatz. „Wir haben auch schon einen Reißverschluss für eine Designertasche nachgegossen“, nennt Ernst ein weiteres Beispiel. Altgoldankauf und Beratung bei Erbstücken macht die Meisterin ebenfalls.
Die Goldschmiedin bietet in ihrem Geschäft auch Schmucklinien kleiner deutscher Manufakturen an, natürlich eigene Werkstattstücke, da sie die klassischen Goldschmiedetechniken beherrscht, wie die Granulation (die Herstellung einer körnigen Oberflächenstruktur). Sie hat eine eigene Kollektion Creolen mit Edelsteinen entworfen, mit der sie auch ins Online-Geschäft einsteigen will. Dabei hilft ein weiterer im Team, der Marketingexperte Nico Giesen. Die Ohranhänger sind handgefertigt, „eine Maschine kann das nicht“, sagt Ernst.
Dass die Friedrichstraße, auf der immer noch viele Ladenlokale leerstehen, ein gutes Pflaster für die Selbständigkeit ist, daran zweifelt Jennifer Ernst nicht. Ihr Chef hatte keine Umsatzeinbußen und sie selbst beobachtet: „Mittags ist hier wieder viel mehr los, auf dem Stück zwischen Herzogstraße und Graf-Adolf-Platz verdichten sich die Geschäfte, die Straße hat Potenzial.“
Das sieht auch Klaus Feld so: „Der Laden ist für uns wie ein Kind. Wir sind sehr froh, dass die Seele des Geschäftes unangetastet bleibt.“ Dafür stehe Jennifer Ernst, die ihrerseits dankbar ist, ihren „Traumberuf“ auszuüben und mit den Felds auch noch viel Erfahrung an ihrer Seite behält.