Schlacht der Gutachten Zahl der Mietwagen mit Chauffeur in Düsseldorf steigt extrem
Düsseldorf · Es gibt mehr Konzessionen für Mietwagen als für Taxis. Jetzt tobt eine Schlacht der Gutachten um einen Mindesttarif für Uber und Co.
In Düsseldorf sind immer mehr Mietwagen mit Chauffeur unterwegs. Das ist nicht nur im Stadtbild augenfällig, da vor allem die Werbung für die Uber-App auf zahllosen Autotüren prangt. Die Stadt hat diesen Eindruck jetzt auch mit Zahlen untermauert, die sie jüngst den Verkehrspolitikern vorlegte. Demnach gab es im Jahr 2019, also noch vor der Pandemie, 988 Mietwagenkonzessionen, mittlerweile sind es jedoch 1527. Ein Anstieg um mehr als 50 Prozent. Was dabei besonders beeindruckt: Die Mietwagen mit Chauffeur haben die Taxis überholt. Hier ist die Zahl sogar leicht rückläufig. Waren es Ende 2019 noch 1270 Konzessionen, so sind es jetzt 1217. Hinzu kommt, dass laut Stadt 176 Taxen von der Betriebspflicht befreit worden sind, was mit der „wirtschaftlichen Lage“ begründet wird. Die Stadt teilt mit: „Das Konkurrenzverhältnis zwischen Mietwagen und Taxi ist in der Praxis deutlich spürbar.“
Von „regelmäßigen Hilferufen aus der Taxibranche“ berichtet die Stadt zudem. Auch der Redaktion gegenüber berichteten die drei Zentralen Genossenschaft Taxi Düsseldorf, Taxi Ruf und Rhein-Taxi wiederholt von einem „ruinösen Wettbewerb“. Aus Sicht der Stadt sei es nun „dringend angezeigt, die Gesamtsituation genauer zu untersuchen, Handlungsbedarf zu identifizieren und eine gesamtstädtische Strategie zu entwickeln“.
Ein wesentlicher Ansatz dabei: Ein von der Taxibranche geforderter Mindesttarif für Mietwagen mit Chauffeur, die über die Vermittler-Apps von Uber, Free Now und seit diesem Jahr auch Bolt gebucht werden können. Hintergrund: Die Preise bei den Mietwagen sind flexibel und unterschreiten oft deutlich die Taxitarife, die festgelegt sind. Nicht nur sieht die Taxibranche diese niedrigen Preise als nicht wirtschaftlich an, sondern bewertet sie vor allem als Kampfansage und Verdrängungsversuch. Uber und Co. argumentieren dagegen, flexible und bei geringer Nachfrage niedrige Preise sorgten für bessere Auslastung. Mindesttarife seien da kontraproduktiv.
Auch politisch war bereits der Auftrag an die Stadt ergangen, die Frage nach den Mindesttarifen zu beantworten. Einen konkreten Vorschlag wollte die Stadt bereits Anfang des Jahres präsentieren, mit einem Grundpreis von 4,10 Euro und einem Kilometertarif von zwei Euro. Die Beschlussvorlage für die Politik wurde allerdings zurückgezogen – wohl auch, weil man sich rechtlich auf zu unsicherem Terrain wähnte und belastbares Datenmaterial fehlte.
Jetzt schlägt die Stunde der
Juristen und Rechtsgutachten
Denn nach einer Novelle des Personenbeförderungsgesetzes sind Mindesttarife für Mietwagen zwar explizit möglich, bei der Frage nach der Umsetzung gibt es allerdings viele Fragezeichen. Nur Leipzig und Lörrach haben es bislang gewagt. Die Stadt Düsseldorf sagt, dass die Voraussetzungen und Bedingungen noch völlig unklar seien und „weitreichende verfassungsrechtliche Fragen“ beantwortet werden müssten, da mit Mindesttarifen in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit der Mietwagenunternehmen eingegriffen werde. Dargelegt werden müsse deshalb wie im Gesetz verlangt der notwendige Schutz öffentlicher Verkehrsinteressen – und nicht allein des Taxigewerbes.
Für die Beantwortung dieser Frage schlägt nun die Stunde der Juristen. Denn mittlerweile liegen mehrere Rechtsgutachten vor. Die von den Mietwagen-Vermittlern beauftragten Gutachten wie das von Freshfields Bruckhaus Deringer beschreiben sehr hohe Hürden für eine Einführung von Mindesttarifen, zuerst müssten etwa flexible Taxitarife ausprobiert werden. In den drei von den Taxiverbänden initiierten Gutachten wird die Lage anders dargestellt. Die unter anderem von Rhein-Taxi beauftragte Düsseldorfer Kanzlei Kleiner mit Anwalt Lars Maritzen geht dabei sogar so weit, dass die Einführung für eine Kommune wie Düsseldorf geboten sei. Er leitet für die Taxibranche eine besondere Schutzpflicht für Taxis als Teil des öffentlichen Nahverkehrs ab. Zudem sieht Maritzen nur eingeschränkte Angriffs- und Erfolgschancen für Klagen gegen die Stadt. Er sagt als Fazit: „Ich bin davon überzeugt, dass es in der Stadt ein Mindesttarif für die Beförderung mit Mietwagen geben wird.“
Als gangbaren Weg schlägt Michael Oppermann, Geschäftsführer vom Bundesverband Taxi und Mietwagen, einen Preiskorridor für Taxis vor, an dessen unterer Grenze der Mindesttarif liegen sollte. Städten wie Düsseldorf empfehle er, den Schritt ordentlich vorzubereiten, aber auch nicht all zu lang zu warten. „Sonst gibt es das nicht mehr, was geschützt werden sollte.“ Die Stadt fährt nun zweigleisig. Zum einen hat sie eine spezialisierte Anwaltskanzlei beauftragt, die eine Bewertung aus den vorliegenden Gutachten ableiten soll. Des weiteren soll ein Sachverständiger den Markt für Taxis und Mietwagen untersuchen. Sollte dabei übrigens herauskommen, dass sich Wettbewerbsvorteile vor allem aus Rechtsverstößen ergeben, will die Stadt diese zunächst konsequenter ahnden.