Düsseldorf hat Rocker — aber bislang keinen Bandenkrieg
211 Gäste bei einer Rocker-Party, einige bringen Messer mit. Trotzdem gilt die Szene hier als stabil. Weil den Hells Angels und ihren Freunden Gegner fehlen.
Düsseldorf. Ein Rocker-Club feiert mit über 200 Gästen mitten im Flingeraner Wohngebiet, bei ihnen findet die Polizei zehn verbotene Messer und einen Teleskopschlagstock. Für viele Düsseldorfer dürfte dieser Vorfall Fragen aufwerfen. Ist die Rockerszene in der Landeshauptstadt tatsächlich so groß? War da wirklich nur eine private Feierei geplant oder hatten die Besucher ihre Waffen aus gutem Grund dabei?
Gastgeber der Party war laut der eigenen Werbung eine Organisation mit Namen „The Clan“, der allerdings in dieser Form noch nicht bekannt ist. Der „Clan 81“, der sich selbst als den Hells Angels nahestehend bezeichnet und die Kneipe „Red Pearl“ in Gerresheim betrieben hatte, löste sich im vergangenen Jahr auf.
Laut Polizei existieren seither ein „Clan 81 West“ und ein „Clan 81 South“ — deren Kutten am Wochenende auch in Flingern zu sehen waren. „Es ist angeblich eine neue Organisation. Aber nach unseren Erkenntnissen ist ein Großteil der alten darin aufgegangen“, sagt Polizeisprecher Markus Niesczery. Unter den Gästen am Samstagabend waren zudem bekannte Mitglieder der Hells Angels. Aber: Nicht alle der 211 Besucher waren selbst Rocker. Und sie kamen aus Düren, Wuppertal, Krefeld, Mönchengladbach, zum Teil sogar aus anderen Bundesländern.
Von der großen Teilnehmerzahl der Party an der Benzstraße auf eine riesige, sehr aktive Rockerszene in Düsseldorf zu schließen, ist also falsch. Dennoch bleibt die Frage, warum einige der Gäste bewaffnet zu einer angeblich friedlichen Feier kamen. „Das ist nicht unüblich“, sagt Niesczery. „Wir können nicht wissen, ob eine solche Veranstaltung nicht doch mal eine verfeindete Organisation auf den Plan ruft.“ Nicht zuletzt deshalb ist die Polizei bei solchen Anlässen mit hohem Kräfteeinsatz vor Ort — zuvor auch im März 2013 bei einer Rocker-Party des „Clan 81“ am Flinger Broich, auch dort wurden Messer und ein Totschläger gefunden.
Weil aber den Hells Angels, deren Düsseldorf-Charter 2001 offiziell verboten wurde, und ihren Supporter-Gruppen in der Stadt die Gegner fehlen, gilt die Lage hier zumindest einstweilen als stabil: Während das Ruhrgebiet eher Territorium der Bandidos sei, so heißt es beim LKA, ist die Rheinschiene von den Hells Angels besetzt — im traditionell umkämpften Duisburg stießen diese Fronten aufeinander. Was passiert, wenn verfeindete Clubs doch versuchen, in Düsseldorf Fuß zu fassen, zeigte sich vor nicht allzu langer Zeit an der Kölner Landstraße. Rocker, die den Hells Angels zuzuordnen waren, überfielen dort im August 2012 ein Café, es kam zu einer Schlägerei; im Februar 2013 wurde nur wenige Meter weiter ein 26-Jähriger, der auch bei der ersten Attacke schon Opfer geworden war, niedergestochen. Hinter dem aufbrandenden Konflikt stand offenbar der Versuch des Clubs „Gremium MC“, der eher Bandidos und Satudarah als Angels zugerechnet wird, sich in Düsseldorf zu etablieren. Doch er zog sich rasch zurück.
Zuletzt sorgte der Satudarah MC, der ursprünglich aus den Niederlanden stammt, im Frühjahr 2013 mit seiner Ankündigung, nach Düsseldorf zu expandieren, für Aufregung. Bislang passierte aber nichts. Der frühere Satudarah-Vize Jan S. alias Miami Gianni hat inzwischen den Club „Mother Rocker MC“ gegründet, der auf seiner Homepage ein Düsseldorfer Chapter und vor dem Hintergrund der Skyline mit Rheinturm und Stadttor regelmäßige „offene Abende“ in der Landeshauptstadt ankündigt. Das wird so bald aber wohl nichts: Jan S. steht derzeit in Mönchengladbach vor Gericht.
Polizeisprecher Niesczery glaubt deshalb nicht, dass Düsseldorf ein Bandenkrieg bevorsteht: „Das deutet sich nicht an.“ Ob die Düsseldorfer Rocker selbst weitere Partys planen, sei noch nicht klar. „Aber wir haben auch darauf ein waches Auge“, verspricht Niesczery.