Neue Obdachlosenunterkunft in Düsseldorf „Die größte Herausforderung wird der Drogenkonsum“

Düsseldorf · In dem neuen Heim für Obdachlose mit Suchterkrankung an der Moskauer Straße sollen die aufgenommen werden, die sonst durch jedes Raster fallen. Am Montag haben die ersten Menschen die Zimmer bezogen.

Die Unterkunft an der Moskauer Straße war bis zuletzt von Flüchtlingen bewohnt, nun sollen suchtkranke Obdachlose einziehen.

Foto: Verena Kensbock

Die ersten rund 15 Menschen sind am Montag in eine neue Obdachlosenunterkunft an der Moskauer Straße gezogen. Hier sollen diejenigen einen Platz finden, die sonst durch jedes Raster fallen: Suchtkranke, die auf der Straße leben, insbesondere mit Crack-Abhängigkeit. Es ist ein Pilotprojekt, das eine Lücke schließen soll – geplant von der Stadt, Streetworkern, Trägern der Wohnungslosenhilfe und der Drogenhilfe.

„Wir haben gemerkt, dass wir diese Lücke im Versorgungssystem haben“, sagt Integrationsdezernentin Miriam Koch. „Wir brauchen eine besondere Anlaufstelle, die alles vereint: Unterbringung, medizinische Hilfe und Beratung.“ Wie die Unterkunft anlaufen wird und welche Ergebnisse sie bringen kann, sei noch ungewiss, sagte Gesundheitsdezernent Christian Zaum bei einem Termin am Freitag. „Es ist ein neuer Ansatz, den wir so in Düsseldorf noch nicht haben und auch aus anderen Städten nicht kennen.“ Erstmals würden Sucht und Wohnungslosigkeit nicht getrennt, sondern gemeinsam betrachtet.

In der ehemaligen Asylunterkunft können bis zu 70 Personen unterkommen. Die Einzel- und Paarzimmer sind einfach – schmale Betten mit Plastikbezug, ein Tisch, ein Spind, die Bettwäsche ist noch eingepackt. Die Räume sollen vor allem Menschen offenstehen, die auf der Straße leben und drogenabhängig sind. Es geht um die Leute, die etwa in der „Grand Central“-Baugrube gehaust hatten und nach deren Räumung unter eine Brücke an der Werdener Straße gezogen sind.

In der Unterkunft sollen sie zunächst zur Ruhe kommen können und medizinisch versorgt werden. Viele haben offene Wunden und psychische Krankheiten. Darum gibt es einen eigenen Behandlungsraum. Eine Krankenliege, Verbandszeug und Medikamente liegen bereit. Ein Arzt vom Gesundheitsamt wird die Obdachlosen dort stundenweise versorgen.

Das Jobcenter könnte in der Unterkunft Gespräche anbieten

Zudem werden der sozialpsychiatrische Dienst und die Drogenhilfe Beratungen anbieten. Es gibt auch die Idee, dass das Jobcenter in der Unterkunft Gespräche führt – etwa, um Anträge zu stellen. Denn viele der Obdachlosen hätten keinen Pass und bekämen kein Bürgergeld. Das erschwert, sie langfristig in anderen Hilfeeinrichtungen unterzubringen. „Unser Ziel ist eine Basis-Erstversorgung der suchtkranken Obdachlosen und in der Folge die Weitervermittlung in das bestehende Hilfesystem“, sagt Zaum. Ein Sicherheitsdienst wird rund um die Uhr vor Ort sein. Die Diakonie koordiniert die Betreuung an fünf Tagen die Woche.

In den grünen Container-Bauten, in denen zuletzt Flüchtlinge lebten, wäre Platz für etwa 70 Leute, aber man wolle langsam anfangen und sich herantasten, sagt Oliver Targas, Sozialarbeiter bei der Diakonie. Zwar sind einige Zimmer mit einem Herd ausgestattet. Doch ob die künftigen Bewohner auch in der Lage sind, für sich selbst zu kochen, ist noch unklar. Auch ob man Gemeinschaftsräume brauche, ließe sich noch nicht recht absehen. Ein Raum wurde schon auserkoren, um dort Personen mit Krätze oder Läusen zu behandeln. „Die wohl größte Herausforderung wird der Drogenkonsum“, sagt Gesundheitsdezernent Zaum. Die Hausordnung verbietet Drogen zwar, doch bei schwer abhängigen Bewohnern dürfte das immer wieder Thema werden.

Es ist ein Projekt mit Unwägbarkeiten, das aber die richtigen Weichen stellt. „Wir sind mutig und das ist schön“, sagt Michael Harbaum, Geschäftsführer der Drogenhilfe. An der Moskauer Straße wird es aber ein Projekt auf Zeit bleiben. Eine dauerhafte Einrichtung ist nicht möglich, spätestens im Winter sollen auf dem Gelände die Bauarbeiten für einen neuen Gesundheitscampus starten. Doch diese Zeit wolle man nutzen, sagt Miriam Koch. Die Stadt sei bereits auf der Suche nach einer anderen, längerfristigen Unterkunft. Bis dahin sei das Heim an der Moskauer Straße der richtige Standort, um das Konzept zu testen, das man dann an anderer Stelle weiterführen könne.

Ein Teil des Modellprojekts wird von der Stadt finanziert. Zudem hat die Künstlerin Sabine Moritz Werke im Wert von 50 000 Euro an Fiftyfifty gespendet, was die Unterstützung der Drogenhilfe möglich macht.

Ein alternativer öffentlicher Aufenthaltsort für Obdachlose und Suchtkranke ist derweil vom Tisch. Streetworker und die SPD hatten sich dafür eingesetzt, eine kleine Brachfläche hinter dem Gesundheitsamt an der Kölner Straße für Obdachlose zur Verfügung zu stellen. Das hätte auch die Situation am Worringer Platz entzerren können, so die Argumentation.

Ein Antrag der Fraktionen der SPD, Linke und Die Partei-Klima wurde in der jüngsten Ratssitzung aber abgeschmettert. Dezernentin Koch sagte dazu: „Die Fläche am Gesundheitsamt ist nicht geeignet.“ Aus ihrer Sicht würde der Platz das Konzept an der Moskauer Straße konterkarieren. Denn dann müssten sich Betroffene zwischen den beiden Anlaufstellen entscheiden. Es sei darum besser, die Aktivitäten zu zentrieren. Zudem würde alles, was die Fraktionen für den Platz am Gesundheitsamt fordern, bereits an der Moskauer Straße verwirklicht.