Pflegecoaches Pflege-Coach unterstützt Mitarbeiter, die Angehörige versorgen

Düsseldorf · Das Kompetenzzentrum Frau und Beruf will so vor allem Frauen helfen, die Doppelbelastung zu meistern. Das Angebot gilt aber für alle Mitarbeiter.

Eva-Christina Bergmeister von der Digitalagentur Anymotion ist Pflegecoach.

Foto: Carolin Scholz

Wenn Angehörige alt oder krank werden, übernehmen viele selbst die Pflege. Doch berufstätig zu sein und sich um ein Familienmitglied zu kümmern, kann zur echten Doppelbelastung werden. Stress und Überlastung sind dann oft Folgen – und immer wieder auch die Kündigung. Viele Unternehmen wollen das vermeiden. Sieben in Düsseldorf und Umgebung haben deshalb jetzt einen Mitarbeiter zum betrieblichen Pflege-Coach schulen lassen.

Der Intensiv-Kurs ist ein Angebot des Kompetenzzentrums Frau und Beruf. Denn vor allem Frauen sind betroffen, wenn es um Pflegeaufgaben in der Familie geht – nicht unbedingt weil sie müssen, sondern weil sie übernehmen wollen. „Männer planen die Pflege eher um die Arbeit herum – bei Frauen ist es andersherum“, sagt Leonora Fricker vom Kompetenzzentrum, die die Kurse begleitet hat.

Eva-Christina Bergmeister ist eine von ihnen. Sie ist Personalerin bei der Düsseldorfer Digitalagentur Anymotion. Sie hatte bei ihrer Arbeit schon zwei Fälle, in denen Kolleginnen plötzlich Pflegeaufgaben übernehmen mussten und unterschiedlich damit umgegangen sind. „Eine der beiden ist sehr offen damit umgegangen, die andere hat die Pflege nebenbei organisiert und ist irgendwann zusammengebrochen“, sagt Bergmeister. Das will sie in Zukunft verhindern.

Im Idealfall kommen Mitarbeiter, die sich mit solch einer Doppelbelastung konfrontiert sehen, in Zukunft auf sie zu, um gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Im ersten Schritt werde dann versucht, herauszufinden, wie die Gesamtlage aussieht. In welchem Maß muss gepflegt werden? Wie ist das familiäre, persönliche Umfeld und Netzwerk? Welche Schritte sind bereits eingeleitet? Pflege-Coach Bergmeister ersetzt dabei keine Pflege-Beratung, kann aber Tipps geben, an welcher Stelle Hilfe zu finden ist und hat eine Grundidee der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Das war auch Ziel der Schulung, sagt Leonora Fricker. Denn viele, die mit einer Pflegeaufgabe konfrontiert werden, wissen nicht, welche Rechte sie gegenüber ihrem Arbeitgeber haben. Zum Beispiel, dass man keinen Urlaub nehmen muss, sondern freigestellt wird. Der Kurs selbst bestand deshalb aus einem Wissensteil, bei dem solche Dinge geschildert wurden, aber auch einem Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern, auch um herauszufinden, wie in den verschiedenen Unternehmen mit diesem Thema umgegangen wird.

Ist die Lage erst einmal analysiert, kristallisiert sich bei Eva-Christina Bergmeister nach und nach heraus, wie das Unternehmen dem Mitarbeiter helfen kann. Wenn die einen vielleicht für einen Zeitraum freigestellt werden wollen, reicht es den anderen, sich bei den Bürozeiten zu einigen und an manchen Tagen von zu Hause aus arbeiten zu können. Ganz wichtig ist aber, das hat auch Bergmeister festgestellt, überhaupt darüber zu sprechen.

„Wenn eine Mitarbeiterin mal zu spät kommt oder oft angespannt ist, hilft es natürlich, wenn die anderen wissen, warum“, sagt sie. Dann könne man Ärger mit den Vorgesetzten oder zwischen den Kollegen vermeiden. Dabei gehe es auch um Firmenkultur: Arbeiten Vorgesetzte und Mitarbeiter gegeneinander? Werden einem Schwächen zum Verhängnis? Oder zieht man an einem Strang und versucht, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten?

Bei Treffen sollen Erfahrungen ausgetauscht werden

Darum geht es auch bei Inga Heuel. Sie ist bereits Vertrauensperson und nun zusätzlich auch neuer Pflege-Coach bei Auxmoney in Düsseldorf. In der ersten Funktion soll sie allgemein Ansprechpartnerin bei Problemen der Mitarbeiter sein, die neue Aufgabe passt sehr gut dazu. Weil in diesem Unternehmen der Altersdurchschnitt mit 34 Jahren noch recht niedrig ist, ist die Pflege Angehöriger noch kein wirklich großes Thema. Aber: „Wir wollen zeigen, dass wir familienorientiert sind und auf unsere Mitarbeiter eingehen“, sagt Heuel. Außerdem wolle man sich auf die Zukunft vorbereiten und Mitarbeiter und Führungskräfte schon jetzt für dieses Thema sensibilisieren.

Der Arbeitsmarkt ist hart umkämpft – nicht nur bei denen, die einen Job suchen, auch die Unternehmen brauchen und suchen Fachkräfte. Deshalb müssen viele Firmen auch an ihrer Außenwirkung arbeiten – und wollen, wenn sie gut passende Mitarbeiter gefunden haben, dass diese auch bei ihnen bleiben. Die neu eingesetzten Coaches sind die ersten, die durch die Schulung des Kompetenzzentrums gegangen sind. Die nächsten Kurse sind schon geplant. Und es soll auch gemeinsame Treffen geben, bei denen Erfahrungen ausgetauscht werden können.