Durchwachsenes Wetter So nass war es seit Juli 2023 in Düsseldorf

Düsseldorf · Der Regen bricht derzeit alle Rekorde und auch in Düsseldorf ist ein starker Anstieg zu verzeichnen. Welche Auswirkungen das für die Natur, die Stadt, Landwirte und die Gastronomie hat.

Grüne Wiesen, kräftige Bäume: Der direkte Vergleich mit den Dürrejahren zuvor zeigt, dass es der Natur aktuell deutlich besser geht.

Grüne Wiesen, kräftige Bäume: Der direkte Vergleich mit den Dürrejahren zuvor zeigt, dass es der Natur aktuell deutlich besser geht.

Foto: Anne Orthen

Nicht nur gefühlt regnet es in den vergangenen zwölf Monaten ständig. Auch die Daten des Deutschen Wetterdienstes sprechen ein deutliches Bild: Noch nie seit Messbeginn im Jahr 1881 gab es in ganz Deutschland so niederschlagsreiche zusammenhängende zwölf Monate wie zwischen Juli 2023 und Juni 2024. Rund 1070 Liter sind deutschlandweit pro Quadratmeter im Schnitt gefallen. Nach den sehr trockenen vergangenen Jahren konnten so Niederschlagsdefizite reduziert werden. Doch wie sieht es in Düsseldorf aus?

Das zuständige regionale Klimabüro in Essen hat seine Messstation für Düsseldorf am Flughafen und schreibt auf Anfrage: „Nachdem das Jahr 2023 und das Frühjahr 2024 (März bis Mai) bereits Niederschlagsrekorde brachten, setzen die vergangenen zwölf Monate noch eine neue, imposante Rekordmarke obendrauf.“ Konkret wurden im Zeitraum von Juli 2023 bis Juni 2024 in Düsseldorf 1327,2 Liter pro Quadratmeter registriert. „Das sind noch einmal fast 210 Liter Niederschlag mehr als im Rekordjahr 2023 mit 1117,7 Liter“, erklärt der stellvertretende Leiter des Klimabüros, Thomas Kesseler-Lauterkorn. Wären also die vergangenen zwölf Monate ein Kalenderjahr, so der Diplom-Meteorologe weiter, lägen sie mit großem Abstand auf Platz eins. Zwar wird in Düsseldorf erst seit 1970 am Flughafen aufgezeichnet, dennoch geht Kesseler-Lauterkorn davon aus, dass es auch in Düsseldorf die nassesten zusammenhängenden zwölf Monate seit 1881 gewesen sein dürften.

Zur besseren Einordnung liefert er auch den langjährigen Durchschnittswert des Jahresniederschlages: „Mit 750 Litern pro Quadratmeter (1991-2020) sind in den vergangenen zwölf Monaten sage und schreibe rund 77 Prozent mehr Niederschlag gefallen, als sonst zu erwarten wäre.“

Der viele Regen hat auch Auswirkungen auf die Menschen und die Natur. Einerseits ist positiv zu vermerken, dass sich nach der vielen Trockenheit die Böden und Pflanzen dank des vielen Niederschlages erholen können. Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt teilt aber mit, dass ein einziges Jahr mit ausreichendem Niederschlag nicht ausreiche, um alle Schäden vollständig zu kompensieren. Viele Bäume seien geschwächt und anfälliger für Schädlinge und Krankheiten. Dennoch helfe der Regen auch dabei, die Widerstandsfähigkeit der Bäume zu stärken. Insbesondere für Neupflanzungen seien die Regenmengen wichtig, um sich am Standort zu etablieren. Massiv geschädigte Altbäume seien meist nicht zu retten.

Auch bei Schädlingen, etwa dem Borkenkäfer und dem Eichenprozessionsspinner, sehe man aktuell eine Einschränkung in der Ausbreitung, bedingt durch die Regenfälle. Auch die ausbleibende Hitze und starke Sonneneinstrahlung kommen den Pflanzen zugute. Gleichzeitig seien forstliche Pflegeeingriffe derzeit erschwert. Die Böden sind zu weich für schweres Gerät.

Das stellt auch für Landwirte ein großes Problem dar. Jens Sonnen vom Gut Kaiserhof spricht von einem sportlichen Jahr. „Die Zeitfenster für das Bestellen der Felder waren sehr begrenzt bis kaum vorhanden. Landwirte mussten darum viele Kompromisse eingehen“, sagt er. Schon im vergangenen Jahr konnte die Ernte nur schlecht oder gar nicht eingefahren werden. „In diesem Jahr gibt es wenigstens einige Zeitfenster, in denen wir arbeiten können.“ Daneben hätten viele Landwirte Probleme mit Erkrankungen der Pflanzen. Dazu gehören Pilzerkrankungen, aber insbesondere bei der Kartoffel faulen die Knollen teilweise schon unter der Erde weg. Die Ernte sei 2024 eher unterdurchschnittlich, schließt Sonnen.

Die Stadt bemerkt, dass die Pflanzen deutlich stärker wachsen, entsprechend erhöht sich der Pflegebedarf in Parks und Grünanlagen. Es müsse mehr gemäht, Unkraut gejätet und freigeschnitten werden als in den Vorjahren. Problematisch sind auch Starkregenereignisse, die Baumstandorte aufweichen und Wurzelsysteme unterspülen können.

Durch das durchwachsene Wetter sieht auch der Dehoga einen negativen Faktor für das Ausgehverhalten vieler Menschen. „Es beeinflusst nicht nur die Aufenthaltsdauer, sondern auch die Frage, ob man überhaupt rausgeht“, erklärt Sprecher Thomas Hellwig. Viele Betriebe vermelden deshalb empfindliche Umsatzeinbußen, wobei die Gastronomie nicht nur unter dem Regen, sondern auch an der Konsumzurückhaltung, dem Kostendruck durch Personal- und Warenkosten sowie der Erhöhung des reduzierten Mehrwertsteuerumsatzes leidet.

Wer übrigens trotz des vielen Regens einen Tankwagen zur Bewässerung von Bäumen gesehen hat: Die Stadt teilt mit, dass seit Anfang Juli rund 16 000 Jungbäume und Bäume an schwierigen Standorten zusätzlich bewässert werden. Dies geschehe auf Grund der Auswertungsdaten der stadtweiten Baumsensorik, die die Versorgung der Bäume messen.

Auch Grundwasserdefizite sind inzwischen wieder ausgeglichen. Anfang des Jahres 2024 waren die Stände sehr hoch, insbesondere in Gebieten, die nicht oder nur gering vom Rheinpegelstand beeinflusst sind. Mittlerweile sei aber wieder ein Rückgang zu verzeichnen.