Ferienprogramm von Flingern mobil 300 Kinder erleben in der Zeltstadt „Flingerntal“ demokratisches Miteinander
Düsseldorf · Beim Outdoor-Ferienprogramm von Flingern mobil konnten Schüler drei Wochen lang Berufe ausprobieren – auch als Bürgermeister.
Vor einigen Tagen hat Stella eine Regenmacher-Rassel gebaut. Nun regnet es – mal wieder. „Der Regenmacher hat sehr gut funktioniert“, sagt die Zehnjährige und lacht. Nach ihrem Erfolg als Instrumentenbauerin probiert sie sich an diesem Dienstagvormittag in einem Zelt auf dem Sportplatz als Schneiderin aus und näht ein Kissen.
Mehr als ein Dutzend Zelte stehen seit rund drei Wochen auf dem Gelände des ESV Blau-Weiß 1926 am Flinger Broich. Sie bilden die Zeltstadt „Flingerntal“, seit 21 Jahren organisiert vom gemeinnützigen Verein Flingern mobil. Mehr als 300 Kinder zwischen sechs und 14 Jahren nehmen in den ersten Ferienwochen an dem Programm in der Zeltstadt teil, das am kommenden Freitag sein Ende finden wird. Die Kinder können hier spielerisch unterschiedliche Berufe von der Schreinerin bis zum Schneider kennenlernen, selbst Verantwortung für sich und ihre „Mitbürger“ übernehmen und gemeinsam eine kleine Stadt zum Leben erwecken.
„Die Idee war, die Kinder auch mal aus dem Raum ,Schule’ herauszuholen und ihnen außerhalb etwas zu bieten“, sagt Thomas Spelter. Er ist nicht nur „Oberbürgermeister“ von „Flingerntal“, sondern auch Referent für Jugend und Bildung bei Flingern mobil. „Der Zulauf ist riesengroß“, sagt Spelter. Die Karten für die diesjährige Ausgabe des Ferienprogramms seien innerhalb von 48 Stunden vergeben gewesen.
Während nachmittags Ausflüge in den Zoo, zum Kegeln oder ins Schwimmbad anstünden, wählten die Kinder an den Vormittagen Workshops, in denen sie sich in verschiedenen Berufen ausprobieren können, erklärt Spelter. Für ihre Arbeit erhalten die Kinder sogar einen Lohn: den „Flingerntaler“. Das Geld können die Kinder am Kiosk „Flingernbüdchen“ ausgeben.
Auf einer Tribüne spielen einige Kinder „Graffiti-Artist“ und sprayen Bilder an die Wände. In einem der Zelte findet unter dem Berufsmotto Schreiner an diesem Vormittag ein Holz-Workshop statt. Arbeitsauftrag: ein eigenes „Mensch ärgere dich nicht“-Spiel bauen. Auf den Tischen liegen Holzplatten, auf die mit bunter Farbe Kreise gemalt worden sind, neben den Platten trocknen derweil bemalte Steine. Einige Kinder kamen auf eigene Ideen für Spiele. Der achtjährige Raul hat zum Beispiel sein eigenes Fußball-Brettspiel entwickelt.
Auch ein Workshop zum Thema Kinderrechte wird angeboten
Die Schüler sollen aber nicht nur Einblicke in Berufe erhalten, sondern auch die Demokratie kennenlernen. So gibt es zum Beispiel einen Workshop zu Kinderrechten. „Wir haben das Recht auf Mitbestimmung und das Recht auf Bildung“, sagt ein Junge dort.
Zu Beginn der drei Wochen wählten die Kinder zwei Bürgermeisterinnen aus ihren Reihen. In diesem Jahr sind das Lara und Lotta. „Ich habe gesagt, dass wir hier mehr Toilettenwagen brauchen“, skizziert Lara (7) ihr Wahlprogramm. Sie sitzt neben der „Regenmacherin“ Stella und ihrer Freundin Iziana (9) auf einer Bierbank. Mit ihrer Forderung nach mehr Toilettenwagen scheint Lara die anderen Kinder in der Zeltstadt überzeugt zu haben. „Wer am meisten Applaus von den anderen bekommen hat, wurde gewählt“, sagt sie. Weitere Themen, mit denen sich die Bürgermeisterinnen von „Flingerntal“ beschäftigen: kostenloses Wassereis, reduzierte Kiosk-Preise und Steuersenkungen. Denn auch in „Flingerntal“ müssen Steuern beispielsweise für die Ausflüge „gezahlt“ werden. Einer davon ging in den Zoo, berichtet Iziana. Am besten hätten ihr die Seerobben gefallen.
Ihre Amtskollegin Lotta habe sich übrigens für größere Apfelschorlen-Vorräte in der Zeltstadt eingesetzt, erzählt Bürgermeisterin Lara.
Apfelschorle sei in diesem Jahr unter den jungen „Flingerntal“-Bürgern besonders beliebt, berichtet auch „Oberbürgermeister“ Thomas Spelter. „Die eine oder andere zusätzliche Kiste mussten wir in diesem Jahr schon organisieren.“
Iziana, Lara und Stella freuen sich darüber, so viel Zeit draußen verbracht zu haben in den vergangenen Wochen. „Man erlebt jeden Tag etwas Neues hier“, sagt Stella. An der guten Stimmung in der Zeltstadt kann scheinbar auch die Wirkung der Regenmacher-Rassel nichts ändern: Vor dem Zelt beginnt ein kurzer Schauerregen. Kurz darauf rennen einige Kinder vorbei. Sie spielen Verstecken.