Schulserie Umweltdetektive nehmen es ganz genau

Düsseldorf · In unserer Serie stellen wir die Schulen der Stadt vor. Unsere Autoren besuchen die Einrichtungen an einem normalen Schultag und berichten davon. Am Ende des Jahres wählt eine Jury die Träger des Schulpreises, den WZ und Stadtwerke vergeben. Dieses Mal: die Paulusschule in Düsseltal.

 Sophie, Jonathan und Sara kontrollieren die Einhaltung der Mülltrennung und leeren die Abfalleimer nach dem Unterricht.

Sophie, Jonathan und Sara kontrollieren die Einhaltung der Mülltrennung und leeren die Abfalleimer nach dem Unterricht.

Foto: Ines Arnold

Heike Rutkowski ringt nach Luft. Kurz vor Schulbeginn erhielt sie einen Anruf aus der Nachbarschaft. Eine Schülerin der Paulusschule sei auf dem Schulweg umgeknickt und sitze nun am Straßenrand. Die Eltern seien nicht zu erreichen. Sofort machte sich die Schulsekretärin auf den Weg, packte sich das Mädchen auf den Rücken und transportierte es ins Klassenzimmer. „Sie ist jetzt im Unterricht“, stottert sie immer noch atemlos, lächelt in die Runde und setzt sich wieder an ihren Schreibtisch im Vorraum der Schulleiterin. „Hier ist was los“, frotzelt diese. Dass sich jeder an der Paulusschule für die Kinder verantwortlich fühle, sei selbstverständlich und kaum der Rede wert.

Die Paulusschule liegt in Düsseltal am Paulusplatz, gut versteckt hinter der St.-Paulus-Kirche und umringt von Wohnhäusern. 350 Schüler besuchen zurzeit die dreizügige katholische Grundschule. Sie ist eine Offene Ganztagsschule, in der aktuell 200 Kinder bis 16 Uhr betreut werden und 25 eine Betreuungsgruppe bis 14 Uhr nutzen. „Der Bedarf an Ganztagsplätzen wächst“, sagt Schulleiterin Monika Maraun. Deshalb werde im neuen Schuljahr eine zusätzliche OGS-Gruppe enstehen. „Dann sind es insgesamt neun Gruppen. Aber damit sind wir räumlich dann auch am Limit.“ Schon jetzt erfordere das Essen mit den 200 Kindern in der zur Mensa umfunktionierten Aula viel Organisation. „Wir müssen im Sommer mit 25 Kindern mehr dann noch mal etwas umstrukturieren und die Abläufe optimieren, damit es passt“, sagt Maraun. Aktuell schmiede man Pläne und versuche sich auch Tipps von anderen Schulen zu holen.

 Hinrich findet die neuen Tischtennisplatten toll. Auch diese Idee entstand im Schülerparlament.

Hinrich findet die neuen Tischtennisplatten toll. Auch diese Idee entstand im Schülerparlament.

Foto: Ines Arnold

Der starke Verkehr der Lindemannstraße ist auf dem Schulhof kaum zu hören. Um zur Schule zu kommen, müssen viele Kinder aber morgens und nachmittags die Hauptverkehrsstraße samt Bahnschienen überqueren. Und das hat in der Vergangenheit zu vielen brenzligen Situationen und sogar zu Unfällen geführt. Jahrelang setzte sich die Schulleitung dafür ein, dass die Überquerung sicherer gestaltet wird. Als 2016 dann ein Kind von der Bahn erfasst und dabei schwer verletzt wurde, erhöhten Lehrer, Schüler und Eltern mit Protestaktionen den Druck auf die Politik. Mittlerweile erleichtern Querungshilfen und Tempo 30 für Autofahrer den Weg über die Straße. „An Warnungen und Sicherungen ist alles getan worden. Der Übergang bleibt aber gefährlich und die Kinder müssen gut aufpassen“, sagt Maraun. Daher übe der Stadtteilpolizist schon mit den ersten Klassen, was sie beim Überqueren beachten müssen.

 Stolz präsentieren Sam, Niklas, Jonah und Anika das Sortiment des Pauluslädchens.

Stolz präsentieren Sam, Niklas, Jonah und Anika das Sortiment des Pauluslädchens.

Foto: Ines Arnold

Am liebsten wäre den Schülern aber ohnehin, alle Menschen würden aufs Rad umsteigen. Denn das Thema Umweltschutz ist fest im Schulleben verankert. 2010 startete eine engagierte Mutter der Schule den Versuch, das Thema in den Blick zu nehmen und kindgerecht in den Schulalltag zu integrieren. Anja Leonhard schulte die ersten Umweltdetektive, die Mülltrennung und -Vermeidung zu kontrollieren und Energie einzusparen. Sie lernten alles über Energieträger und -formen und ihre Messbarkeit. Mit Unterstützung des Umweltamts untersuchten sie alle Schulräume, prüften Heizungen und kontrollieren Lichtquellen. Sie erfuhren, wie simpel es sein kann, Müll zu reduzieren, indem zum Beispiel auf Schulfesten Teller, Tassen und Bestecke von zu Hause mitgebracht und Mehrwegflaschen benutzt werden.

 Maxi und Marlene leiten heute das Schülerparlament.

Maxi und Marlene leiten heute das Schülerparlament.

Foto: Ines Arnold

Die geschulten Umweltbotschafter gaben ihr Wissen an ihre Mitschüler weiter, zogen von Klasse zu Klasse und erklärten ihren Mitschülern, wie wichtig es ist, dass jeder mithilft. Mit selbst gestalteten Plakaten und Aufklebern werden die Kinder jeden Tag daran erinnert. Die meisten aber brauchen gar keine Erinnerungsstütze mehr. „Wenn das Fenster offen ist, wird die Heizung natürlich ausgemacht“, nennt Nike (9) ein Beispiel. Auf den Lichtschaltern kleben rote Punkte – das Motto: „Rot nur zur Not“.

Aber auch das ist von den Schülern schon verinnerlicht worden. Und wenn im Lehrerzimmer mal unnötigerweise das Licht brennen sollte, können die Kinder richtig streng werden. Dass sich der Fleiß auch im wörtlichen Sinne auszahlt, wird am Ende des Schuljahres deutlich: Über das Amt für Immobilienmanagement wird der Verbrauch berechnet und mit dem Anfangsjahr verglichen. Die Hälfte des eingesparten Geldes wird der Schule gutgeschrieben. Im Schuljahr 2016/2017 waren es mehr als 2000 Euro.

Ganzer Stolz der Schüler ist auch das „Pauluslädchen“. Einmal in der Woche verkaufen Schüler umweltfreundliche Schulmaterialien mit dem blauen Engel – und dem Schullogo. Sie stellen die Hefte, auffüllbaren Stifte, Lineale und Anspitzer aus organischem Material aus, verkaufen sie, machen Strichlisten, prüfen die Bestände und die Kasse. Mittlerweile nutzten fast alle Schüler die Produkte aus dem eigenen Shop.

Dieses Engagement brachte der Schule 2012 das Siegel „Schule der Zukunft für Projekte im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ein. Seit 2018 ist die Schule nun auch „Fairtrade-School“. „Wir haben besprochen, was es bedeutet, wenn Lebensmittel aus fairem Handel kommen“, erläutert Sam (8). Der Kuchen auf dem Adventsbasar oder Schokolade beim Schulfest – alle achten darauf, dass für diese Produkte „keine Menschen ungerecht behandelt wurden“.

Der strenge Blick der Schüler reicht sogar bis ins Lehrerzimmer. „Auch da gibt es nur noch Kaffee und Zucker aus fairem Handel“, sagt Hinrich. Sogar an Karneval haben die Kinder daran gedacht. Leander: „Die Süßigkeiten, die geworfen wurde, waren auch alle aus fairem Handel!“ Dazu wurden kleine Papiertütchen mit Blumensamen gefüllt und geworfen.

Aber nicht nur in der Schule vertreten die Schüler diese Werte. Auch zu Hause wird den Eltern auf die Finger geschaut. „Beim Einkaufen achtet Mama jetzt auch auf das Zeichen“, sagt Luise. Keine Frage, dass auch zu Hause die Müll- und Lichtregeln strengstens eingehalten werden. Vor allem untereinander können die Kinder sehr streng miteinander sein. „Weil die Schüler demokratisch mitbestimmen, werden Regeln viel besser akzeptiert und auch eingehalten“, sagt Lehrerin Sabine von der Halben, die heute das Schülerparlament begleitet.

Darin besprechen die Kinder regelmäßig, was an der Schule passiert, benennen Probleme und entscheiden über Lösungen, Regelungen und Konsequenzen bei Nichteinhaltung. Marlene, die heutige Präsidentin des Parlaments, nennt ein Beispiel: „An den Fahrradständern war es total voll und die Roller hatten keinen Platz mehr. Deshalb wurde ein separater Rollerständer angeschafft.“ Gleichzeitig entschieden die Schüler aber auch: Ab dem Schultor müssen die Rollerfahrer absteigen und bis zum Ständer schieben. Bisher haben sich alle daran gehalten. Denn alle wissen ja: Detektive haben ihre Augen überall.

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