Urbaner Gemüseanbau in Düsseldorf Auf dem Dach des Carlsplatzes soll Obst und Gemüse angebaut werden
Düsseldorf · „Vertical Farming“ liegt in Städten im Trend. Nun prüft Düsseldorf die Machbarkeit – und die Zweifel am ökologischen Sinn.
Auf dem Carlsplatz soll bald nicht mehr nur frisches Obst und Gemüse verkauft werden. Sondern es soll dort auch angebaut werden – oben auf dem Dach des Wochenmarktes. Und so noch frischer sein als bisher. „Indoor Farming“ oder auch „Vertical Farming“ sind die Schlagworte. Die Idee hinter dieser Sonderform der urbanen Landwirtschaft ist, dass Großstädte ihre Versorgung zu einem höheren Anteil selbst sicherstellen und aufgrund von Platzmangel in die Höhe anbauen. Es geht also nicht wie beim „Urban Gardening“ eher um Lifestyle, sondern um die handfeste Produktion von Lebensmitteln.
In New York gibt es das auf Dächern, in Singapur, seit diesem Herbst auch in Oberhausen, auf dem Dach des Jobcenters. Am Donnerstag soll der Stadtrat beschließen, dass eine Machbarkeitsstudie für Düsseldorf erstellt wird. Die kostet etwa 75 000 Euro, wobei die Stadt hofft, 50 000 davon vom Bund im Rahmen des Programms „Förderung von Investitionen in nationale Projekte des Städtebaus“ erstattet zu bekommen.
Studie soll zeigen, was baulich und statisch machbar ist
Ein halbes Jahr lang hat die Stadt Vorarbeiten geleistet, sich insbesondere bei dem auf diesem Gebiet kundigen Fraunhofer Institut informiert. Als Referenzstandort wurde der Carlsplatz ausgesucht und der dort Regie führende Marktverein ist auch einverstanden, eine Grundsatzvereinbarung (Letter of Intent) liegt vor. Heiner Röckrath, der Geschäftsführer des Wochenmarktes, sagt: „Gut, wenn sich bei dem Thema etwas tut, auch wir wollen unseren ökologischen Fußabdruck verbessern.“ Den Markthändlern schwebe schon das Jahr 2020 zur Umsetzung vor. Röckrath ist allerdings skeptisch, wenn die ganz großen baulichen Lösungen mit mehrstöckigen Aufbauten auf dem Dach des Carlsplatzes ins Spiel gebracht werden: „Das muss jetzt genau eruiert werden, ich fürchte jedoch, dass dies schwierig wird.“ Womöglich gebe es aber pfiffige kleinere Varianten des Indoor-Gemüseanbaus – etwa unter dem Dach, befeuert von Solarenergie.
Was baulich und statisch geht, wird die Machbarkeitsstudie erweisen. Davon, ob auf dem Dach auf einer oder gar auf mehreren Ebenen Gewächshäuser und Hydrokulturen auf Basis der Kreislaufwirtschaft entstehen können, hängt natürlich auch ab, ob sich der ganze Aufwand ökologisch lohnt. Eigentlich soll der höhere Stromverbrauch durch die künstliche Beleuchtung sowie die Energiekosten für die Umbauarbeiten durch Einsparungen bei den Transportkosten ausgeglichen werden, hofft Planungsdezernentin Cornelia Zuschke in ihrer Beschlussvorlage für den Rat. Außerdem spare diese Form der Kreislaufwirtschaft atmosphärischen Wasserstoff ein.
Befürworter von „Vertical Farming“ betonen zudem, dass durch die kontrollierten Umweltbedingungen konstante Ernten erreicht werden können. Zudem wüchsen die Pflanzen durch die effektive Nährstoffzufuhr schneller. Das plus kontrollierte Wetterbedingungen soll bei manchen Pflanzen bis zu 30 Ernten im Jahr ermöglichen, im Vergleich zu zwei bis drei in der Feldwirtschaft.
Kritiker verweisen dagegen auf den hohen Energieverbrauch, der bereits beim Bau der „Farm“, dann aber insbesondere durch die massive Beleuchtung anfällt. Landwirte, die sich in Ballungsräumen durch diese neue Form der Konkurrenz bedroht fühlen, verweisen darüber hinaus auf gesundheitliche Risiken einer Lebensmittelproduktion ohne Erde, in Reinräumen, abgekapselt von den Vorgängen der Natur, gesteuert von Computerprogrammen und betreut von Robotern oder nur wenigen Menschen. Sie warnen vor Keimen, die sich – ähnlich wie in Krankenhäusern – früher oder später auch in den Gewächshäusern bilden würden. Außerdem fehlten den „künstlich“ erzeugten Pflanzen sekundäre Inhaltsstoffe (gegen Schädlinge), die für den Menschen wichtig seien.