Luftreinhalteplan in Düsseldorf Der lange Weg zu sauberer Luft

Düsseldorf · Mit einer dynamischen und umweltsensitiven Verkehrssteuerung sowie zahlreichen unterstützenden Maßnahmen soll die Luftqualität besser werden. Was halten die Umweltorganisationen davon?

Mit einer dynamischen, umweltsensitiven Verkehrssteuerung soll die Luftqualität in Düsseldorf besser werden.

Foto: Anne Orthen (orth)

Der Luftreinhalteplan (LRP) soll in Düsseldorf für bessere Luftqualität sorgen. Auf 208 Seiten werden Ausgangslage, allgemeine Informationen zur Luftsauberkeit und vor allem ein umfangreicher Maßnahmenkatalog vorgestellt. 2022 wurde der Plan zuletzt aktualisiert, 2008 allgemein eingeführt. Ein Sprecher der Stadt teilt mit, dass „die darin festgeschriebenen Maßnahmen dazu beitragen, dass bereits bereits seit elf Jahren die Grenzwerte für Feinstaub (PM10) eingehalten werden und seit drei Jahren auch die gültigen Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2).“ Dies werde sich voraussichtlich auch 2023 fortsetzen.

An sich klingt das nach guten Nachrichten, doch sowohl der BUND als auch das Bündnis Mobilitätswende-Düsseldorf warnen davor, jetzt locker zu lassen. „Die aktuellen Grenzwerte sind viel zu hoch angesetzt und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert schon länger eine deutliche Verschärfung“, erläutert etwa Detlev Wöske, der Sprecher des Bündnisses.

Bundesrat hat im November
eine geplante Reform gekippt

Tatsächlich rechnet auch die Stadt bereits jetzt damit, dass die EU diese Werte in Kürze ändern wird und spricht bei der Verbesserung der Luftqualität von einer „Daueraufgabe“, die auch 2024 weiter fortgeführt werden müsse. Darunter fallen unter anderem der Radwegeausbau, weitere Mobilitätsstationen und mehr ÖPNV. „Der Umbau von Ampeln zur Beschleunigung von Bus und Bahn schreitet kontinuierlich voran, 60 Prozent sind schon umgerüstet“, erklärt der Sprecher der Stadt. Weiter gehe es demnach auch mit der Einführung von Tempo 30. Es handele sich um 700 Einrichtungen, von Kitas über Schulen und Krankenhäusern bis hin zu Pflegeeinrichtungen, die in einer solchen geschwindigkeitsreduzierten Zone liegen sollen. Bei 80 Prozent sei bereites Tempo 30 eingerichtet.

„Diese Zonen führen zu einem Flickenteppich in der Stadt“, meint Detlev Wöske. Gerade kurze Strecken von wenigen Hundert Metern werden seiner Erfahrung nach nur dann eingehalten, wenn ein Blitzer installiert ist. „Sinnvoll wäre es, wenn Städte selbst die Planungshoheit über die Verkehrswende bekämen und Tempo 30 ohne Voraussetzungen eingeführt werden könnte.“ Erst im November hatte aber der Bundesrat eine geplante Reform der Straßenverkehrsordnung gekippt, die die Einrichtung solcher Zonen hätte erleichtern sollen. Allerdings wäre auch damit kein generelle Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit innerhalb der Stadt möglich gewesen. Dabei sei die Einführung von „Tempo 30 als innerstädtische Regelgeschwindigkeit“ für die Luftqualität sinnvoll, wie auch Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW, ausführt. Er geht sogar weiter und fordert eine offene Debatte über eine autofreie Innenstadt. Auch Wöske sieht Potenzial in der Ausweitung von Fußgängerzonen. Die Möglichkeiten der Umwandlung in Geschäftsbereiche gebe es etwa an der Rethel- und Lorettostraße, und auch die Altstadt könnte in südlicher Richtung ausgeweitet werden. „Dabei müssen aber die Menschen miteinbezogen werden und vor allem der politische Wille vorhanden sein. Dieser fehlt aber – bislang“, so Wöske.

Ein Punkt, den die Stadt besonders hervorhebt: Die seit Mai 2023 eingeführten Pförtnerampeln an der Merowinger- und Corneliusstraße und allgemein das Projekt VinDus (Verkehrsinformation und Dynamische Umweltsensitive Verkehrssteuerung). Die Idee dahinter: Wenn die Luft schlecht ist, zeigen die Ampeln, die mit vielen Sensoren ausgestattet sind und unter anderem Prognosen zur Luftqualität am Folgetag berechnen, länger rot und lassen weniger Autos durch. Bei guter Luft werden mehr Autos durchgelassen. Bei Stau schaltet ein anderes Programm, egal wie die Luftqualität ist. Das Ziel dahinter lautet weiterhin, die Grenzwerte einzuhalten – allerdings auch mit der Erwartung, so die Kapazitäten für den Verkehr erhöhen zu können. „Insgesamt können dank der dynamischen Verkehrsschaltung unter Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte rund 290 000 Kraftfahrzeuge pro Jahr zusätzlich über die Corneliusstraße verkehren“, hieß es in einem vorherigen Artikel. An der Merowingerstraße sollen es 121 000 Autos pro Jahr sein.

„Wir halten die Ampeln für ein nettes Gimmick, aber die Ampelschaltungen dienen eigentlich eher dazu, einen Klima-Effekt vorzutäuschen, ohne den Individual-Verkehr in irgendeiner Weise zu verringern“, führt Detlev Wöske aus. Nur eine Reduzierung von Fahrzeugen und ein Umstieg auf mehr ÖPNV, Rad- und Fußverkehr könnte zu einer tatsächlichen Verringerung der Schadstoffe führen. Dazu müssten aber auch die Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der anderen Verkehrsformen deutlich schneller gesteigert werden. „Der Mobilitätsplan D, der 2019 entwickelt wurde, hätte Ende 2022 bereits eine Umsetzung erfahren sollen. Noch immer heißt es aber, dass daran gearbeitet werde und auch Vorschläge aus Bezirksvertretungen werden häufig unter Verweis auf den Plan verzögert“, so Wöske weiter. Auch andere Konzepte und Ideen würden nicht oder nur schleppend weiter verfolgt. „Dabei bräuchte es eine gute Vision, die die Vorteile einer deutlich grüneren und verkehrsärmeren Stadt für die Bevölkerung attraktiv macht.“ Dafür könne man nicht weiter kleine Einzelschritte abarbeiten, sondern müsse parallel an vielen großen Stellschrauben ziehen.