Düsseldorfer Unternehmer zeigt Herz für Kinder aus Haiti
Schon seit 30 Jahren hilft die Peter-Hesse-Stiftung beim Aufbau des Montessori-Systems in den Inselstaat.
Düsseldorf. Eigentlich wollte Peter Hesse (76) vor über 30 Jahren nur der Musik wegen nach Haiti.
Der Düsseldorfer Unternehmer war gerade auf Trinidad und bekam den Tipp, sich die unverfälschten Rhythmen auf der südlich von Kuba gelegenen Insel anzuhören. Aber der Eindruck, den das damals schon bitterarme Land auf ihn gemacht hat, ging viel tiefer als seine karibischen Klänge.
Was genau er dort gesehen hat, will Hesse auch heute nicht öffentlich in Worte fassen. „Wenn ich nur daran denke, bekomme ich sofort einen Kloß im Hals“, sagt er beim 30-jährigen Stiftungsjubiläum im Industrieclub am Freitag. Aber dass es nichts bringt, die Augen nachträglich zu verschließen, war ihm auch klar. Hesse will helfen, vor allem den Kindern, wusste aber nicht, wie.
Wieder hat der Zufall, wie so oft in Hesses Leben, seine Hände im Spiel. Zurück auf Trinidad nimmt er als echter Rheinländer am dortigen Karneval teil und lernt eine Frau kennen.
Carol Guy-James Barrat hat gerade ihre Ausbildung zur Montessori-Lehrerin hinter sich. Mit ihrem Koffer voller Montessori Sachen ziehen sie kurz darauf durch Haiti und starten einen Versuch, die Montessori-Gedanken — gewaltfreie Erziehung, Hilfe zur Selbsthilfe — weiter zu reichen.
„Aber es hat nicht funktioniert, den Eltern und Lehrern zwei Wochen lang beizubringen, dass man Kinder nicht schlägt und von oben herab erzieht“, sagt Hesse. „Wir waren so frustriert, dass wir nicht wussten, was wir machen können“, sagt der Unternehmer 30 Jahre später.
Der Düsseldorfer gründet die Peter-Hesse-Stiftung, während Carol das erste Jahresprogramm ausarbeitet. Sie mieten ein altes Schulgebäude im Norden der Insel, vollgestellt mit Gerümpel und ungenutzt. Von Hand pinselt er die Worte „Centre Montessori d´Haiti“ an die Schulwand. Das Abenteuer beginnt.
Das Engagement zieht schnell weite Kreise. Sogar der Dekan der regionalen Uni wird auf die beiden aufmerksam und überträgt der Stiftung kurzerhand die Leitung des pädagogischen Instituts.
„Ich habe sogar eine Antrittsvorlesung gehalten, auf Französisch, obwohl ich die Sprache damals gar nicht richtig beherrscht habe.“ Der Gedanke daran lässt heute noch ein spitzbübisches Lächeln über Hesses Gesicht huschen. Leider war es das aber auch schon mit der Unterstützung durch den Dekan.
Dass der Studiengang überhaupt eingerichtet wurde, vergisst er, der Öffentlichkeit mitzuteilen. Einen Tag vor Semesterbeginn jagen Hesse und Carol Guy-James Barratt mit Mietwagen über die Insel, um bei den Radiostationen vorzusprechen.
Drei unterbrechen ihr Programm sofort, eine sendet die Nachricht 24 Stunden lang stündlich von Band. Am nächsten Tag platzt die kleine Uni aus allen Nähten. „Bildung ist in Haiti normalerweise nicht umsonst, unser Angebot aber schon“, erklärt Hesse.
Seit dem werden bei ihnen jedes Jahr bis zu 50 Pädagogen ausgebildet, insgesamt bereits über 1000. Dazu kommen die rund 50 Montessori-Vorschulen auf der Insel. Und die Peter-Hesse-Stiftung hat in andere Länder expandiert, inzwischen werden auch Schüler im Senegal und der Elfenbeinküste unterrichtet.