Düsseldorfer Wohngebiete: „Inseln für Reiche und Arme“

In Pempelfort und Derendorf befürchtet FH-Professor Knopp Verdrängungseffekte.

Düsseldorf. Wer (es sich leisten) kann, schottet sich ab — die Heinrich-Heine-Gärten sind nur ein Beispiel für exklusive Wohnquartiere, die das „normale“ Leben aussperren. Sieht so die Zukunft in Düsseldorf aus: Wohnghettos für Reiche in Oberkassel, Armen-Ghettos in Hellerhof, während sich die Mittelschicht in Unterbilk und Flingern ansiedelt?

Das sind Fragen, mit denen sich der Soziologie-Professor Reinhold Knopp von der Fachhochschule Düsseldorf auch beschäftigt. Er sagt zwar: „Man kann ja nicht in die Zukunft schauen“, aber für ihn steht auch fest: „Es wird eine Verstetigung sozialer Ungleichheits-Entwicklungen geben, auch im Wohnbereich.“

Vor allem in City-nahen Vierteln wie etwa Pempelfort und Derendorf sieht Knopp Verdrängungseffekte voraus, weil es vor allem zwei Gruppen ins Zentrum ziehe: Besserverdiener mit Kindern, bei denen es eine Bereitschaft gebe, auch sehr hohe Mieten zu zahlen, und gutsituierte Senioren, die ihr Haus im Grünen gegen eine Wohnung mitten in der Stadt eintauschen, etwa im neuen Quartier Central — weil hier die Infrastruktur inklusive Arztpraxen stimmt. Von Ghettos spricht Knopp nicht direkt, aber: „Es wird Inseln geben, sowohl Armuts- als auch Reichtumsinseln.“

Die können durchaus nebeneinander entstehen. Knopp spricht über Flingern: „Ein buntes Viertel, in das gerne junge Leute und Studenten ziehen, weil es Flair hat.“

Die schönen Altbauten sind aber inzwischen so teuer, dass Studenten und andere junge Leute mit wenig Geld auch in nicht so begehrte, nicht so schöne Neubauten ziehen. Denn die klassischen Hinterhöfe mit billigem Wohnraum kann man inzwischen mit der Lupe suchen.

Das Wohnen wird zunehmend von der Lebensweise geprägt werden, Stichwort „Home Office“. „Die Grenzen zwischen Arbeitsplatz und Wohnen werden weiter fallen, Privates und Arbeiten vermischen sich, die Wohnung wird häufiger zum Arbeitsplatz“, prognostiziert FH-Professor Knopp.

Auch auf diese Art und Weise könnten Inseln innerhalb eines Quartiers entstehen. „Ob dass fruchtbar oder furchtbar wird, muss sich zeigen“, da will der Soziologe sich nicht festlegen.

Als „Mega-Trend“ hat er folgendes Szenario ausgemacht: Immer mehr Menschen sind im Alter Singles, vor allem viele, die nicht zur Gutverdiener-Szene gehörten: „Das sind Leute, die nicht viel Geld haben, aber kulturell gut zu integrieren sind.“ Die Altersarmut wird zum normalen Phänomen. „Für diese Menschen braucht man kleinere Wohnungen, auch geförderte“, sagt Knopp. Wobei es falsch sei, sozialen Wohnungsbau immer mit sozial schwach zu assoziieren — es gehe um ältere Menschen mit hoher sozialer Kompetenz, aber wenig Geld.

Die Stadt müsse gegensteuern, etwa durch Bereitstellung von Grundstücken für Mehrgenerationen-Projekte. So könne man die Mieterschaft stützen. „Auf Dauer würde sich das für die Stadt rentieren“, ist Knopp überzeugt. Zum Schluss gibt er noch eine Prognose ab, die sich (auch) aufs Wohnen bezieht: „Bei allem, was mit Technik zu tun hat, wird es Quantensprünge geben, im sozialen Bereich sieht das ganz anders aus.“