Tag des Kriminalitätsopfers: „Ich wusste sofort: Hier war jemand“
Michaela F. kämpft nach einem Einbruch mit der Angst — wie viele andere. Darauf macht der Tag des Kriminalitätsopfers aufmerksam.
Düsseldorf. Michaela F. wollte am 27. Januar nur schnell in der Drogerie Putzmittel kaufen. „Ich war vielleicht eine Dreiviertelstunde außer Haus. Als ich nach Hause kam, sah ich meine Geflügelschere auf dem Sofa liegen.“
Das passte nicht. Dann bemerkte die 36-Jährige, dass ihr Laptop nicht mehr da war. „Ich wusste sofort: Hier war jemand.“ Sie ging ins Schlafzimmer, sah ihr zerwühltes Bett, die offenen Türen ihres Kleiderschranks. Unbekannte Täter hatten bei Michaela F. eingebrochen — und plötzlich war nichts mehr wie vorher.
Die Wohnung der Düsseldorferin liegt in der Innenstadt, im dritten Stock. Vor der Eingangstür hat die Frau einen Querriegel. Aber: Sie hatte die Balkontür gekippt gelassen. Die Einbrecher kletterten offenbar bis auf ihren Balkon und hebelten die Glastür auf.
„Ich hatte mich in der Wohnung immer sicher gefühlt“, sagt Michaela F. — das ist jetzt anders: „Mein Zuhause ist beschmutzt.“ 4400 Euro war das Diebesgut wert, die 36-Jährige bekam die Summe von ihrer Versicherung zurück. „Aber das verlorene Gefühl der Sicherheit ersetzt niemand.“
Die erste Nacht verbrachte Michaela F. bei einem Bekannten, dann übernachteten Freunde bei ihr. Bis heute dreht sie, wenn sie nach Hause kommt oder bevor sie zu Bett geht, eine Runde durch alle Zimmer. Überprüft Fenster und Türen.
Und noch immer, fast zwei Monate nach der Tat, entdeckt das Opfer wieder und wieder Spuren der Unbekannten in ihrer Privatsphäre. Wie an dem kleinen Schatzkästchen, in dem die 36-Jährige alte Liebesbriefe aufbewahrt und dessen geknacktes Schloss ihr erst vor einigen Tagen auffiel. Inzwischen schaut sie sich nach einer neuen Wohnung um — und will sich professionelle Hilfe suchen, um über ihre Erlebnisse zu sprechen.
Solche Hilfsangebote gibt es in Düsseldorf. Darauf weisen Polizei, Ambulanz für Gewaltopfer und die Opferschutz-Organisation Weißer Ring am Donnerstag zum Tag des Kriminalitätsopfers hin.
Die 15 Ehrenamtler des Weißen Rings leisten in Düsseldorf eine Art Erste Hilfe: „Sie fahren zum Opfer nach Hause, helfen mit Angaben für die Versicherung, begleiten Opfer zur Polizei — oder unterstützen bei Bedürftigkeit auch finanziell“, erklärt Marianne Lessing-Blum, Leiterin der Düsseldorfer Außenstelle.
Wer eine weitergehende Betreuung braucht, wird an die Gewaltopfer-Ambulanz der Stadt vermittelt. Und das sind nicht wenige — 200 Opfer von Kriminalität allein im vergangenen Jahr. „Der Wohnungseinbruch wird als Verletzung unserer selbst erlebt“, erklärt Ulrich Pasch, Leiter der Beratungsstelle. „Es ist ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre.“
Viele Opfer litten unter Angst, Ekel, Schlaflosigkeit, aber auch körperlichen Symptomen wie Kopf- oder Magenschmerzen. Dennoch falle es gerade Männern schwer, sich Hilfe zu suchen. Den Donnerstag wollen die Düsseldorfer Partner zum Anlass nehmen, das Tabu aufzubrechen und den Opfern deutlich zu machen, dass es in Ordnung ist, zwar körperlich unversehrt, aber seelisch tief verletzt zu sein.