Düsseldorf Ein Jahr nach der Festnahme: Ausverkauf bei Helge Achenbach
Alles muss raus bei Achenbach. Richter, Penck und Baselitz - alles Insolvenzmasse. Der Ausverkauf der Kunstsammlung des inhaftierten Kunstberaters Helge Achenbach hat begonnen. Nur ein Jahr ist seit seiner Festnahme vergangen - nun steht eine Massenauktion an.
Düsseldorf (dpa). Umgerechnet etwa 7200 Euro. Das ist nicht viel, wenn man 19 Millionen Euro Schadenersatz zu zahlen hat und Gläubiger bis zu 50 Millionen Euro fordern. Rund 7200 Euro brachten kürzlich zwei Bilder des Schweizer Künstlers Gottfried Honegger bei einer Sotheby's-Auktion in Zürich. Die beiden Farbflächen aus dem Jahr 1917 waren die ersten von rund 2500 Kunstwerken, die aus der Insolvenzmasse des inhaftierten Kunstberaters Helge Achenbach (63) versteigert wurden. Ein Jahr nach der Verhaftung von Deutschlands wohl bekanntestem Kunstberater hat der Ausverkauf bei Achenbach begonnen.
In einem Auktionsmarathon werden in den kommenden Wochen und Monaten Kunstwerke von Jörg Immendorff, Gerhard Richter, Gotthard Graubner, Georg Baselitz bis zu Max Ernst in Düsseldorf, Köln und London versteigert. Etwa sechs Millionen Euro Gesamterlös erhofft sich Insolvenzverwalter Marc d'Avoine aus dem Ausverkauf.
Dabei ist die Festnahme Achenbachs erst ein Jahr her. Steiler und schneller hätte der Absturz des einstigen Strippenziehers der deutschen Kunstszene kaum sein können. Vom WM-Fußballcamp in Brasilien, wo Achenbach noch die Unterkünfte von Jogi Löw und seiner Nationalelf mit Kunst bestückt hatte, ging es am 10. Juni 2014 direkt ins Untersuchungsgefängnis in Essen.
Dort sitzt Achenbach seitdem ein und wurde wegen Millionenbetrugs unter anderem an seinem milliardenschweren Duzfreund Berthold Albrecht zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die Familie des 2012 gestorbenen Aldi-Erben siegte in erster Instanz auch in einem Schadenersatzprozess.
Rund 19 Millionen Euro soll Achenbach zahlen, nachdem er hochkarätige Kunst und Oldtimer für überhöhte Preise an Albrecht verkauft hatte. „Einen Kunstberater Helge Achenbach wird es nicht mehr geben“, hatte Achenbach unter Tränen in seinem spektakulären Strafprozess gesagt.
Während der Untersuchungshaft ging Achenbachs unübersichtliches Firmengeflecht aus Kunstberatung und Gastronomie in die Insolvenz. Achenbach steht noch vor einem Prozessmarathon: Die Berufungsverhandlung gegen das Schadenersatzurteil beginnt im November. Gegen die Gefängnisstrafe wollen seine Anwälte beim Bundesgerichtshof Berufung einlegen.
Selbst am Jahrestag von Achenbachs Festnahme steht am Mittwoch ein weiteres Verfahren am Landgericht Düsseldorf an. Da geht es diesmal „nur“ um 45 000 Euro Anwaltskosten, die ein früherer Manager des Fußballclubs Borussia Mönchengladbach von Achenbach wegen eines Streits um Kunstwerke zurückverlangt.
Eine Aufhebung der U-Haft Achenbachs lehnte das zuständige Oberlandesgericht Hamm wegen Fluchtgefahr ab. Und so wird er nicht mit ansehen, wie seine Kunstsammlung vom 17. bis 19. Juni in einer Massenauktion in einer ehemaligen Lagerhalle versteigert wird. Das Kölner Auktionshaus Van Ham versteigert mit 2000 Kunstwerken das Gros in Düsseldorf und bietet die wertvollsten Arbeiten in Köln am 20. Juni an.
Obwohl die Marathonauktion in Düsseldorf einen immensen Aufwand erfordert und kaum Tafelsilber dabei ist, konkurrierten die Auktionshäuser um den Zuschlag. 500 bis 600 Objekte sollen pro Tag versteigert werden. Drei Auktionatoren teilen sich die Arbeit.
Die Angebote reichen von Postern millionenschwerer Kunstwerke von Mark Rothko oder Gerhard Richter zum Schnäppchenpreis von 50 Euro bis zu Gotthard Graubners Kissenbild „Trampolin“, das auf 120 000 Euro geschätzt wird.
Imi Knoebel, Jonathan Meese, Markus Lüpertz und Sol LeWitt sind für Schätzpreise im unteren Tausenderbereich im Angebot. Die Hälfte der Werke sind laut Van Ham Originale wie Gemälde, Zeichnungen oder Aquarelle. Hinzu kommen grafische Arbeiten, Skulpturen und Fotografien. Gleich dutzendweise kommen zudem schwarze Affenskulpturen des bis zu seinem Tod mit Achenbach eng befreundeten Jörg Immendorff unter den Hammer - von zehn Zentimetern bis zwei Metern Höhe.
Unterdessen hat Sotheby's den Zuschlag für weitere Highlights aus dem früheren Achenbach-Bestand bekommen. Schon seit Anfang Juni streut das Haus die Objekte in die Auktionen in Zürich und London ein. Die Honegger-Arbeiten waren erst der Anfang. Bis Dezember kommen noch Werke etwa von Max Ernst, Thomas Struth und Tony Cragg dazu.
Im Düsseldorfer Ausverkauf wird indes vor allem Laufkundschaft auf der Suche nach Schnäppchen erwartet. „Wir sprechen hier nicht von einer elitären New Yorker Auktion“, hatte Van-Ham-Chef Markus Eisenbeis schon vorab gesagt.