Fortuna Düsseldorf steigt auf - Chaotische Szenen im Stadion
Düsseldorf.Das hiesige Lokalradio hatte bereits seit den frühen Morgenstunden immer wieder die „Hosen“-Hymne „Tage wie dieser“ in die Düsseldorfer Luft geschickt. Wie ein Mantra, stets wiederholt und die „Nacht der Nächte“ beschwörend, wie es in den Textzeilen der Düsseldorfer Kult-Band heißt und die für Fortunas Zweitliga-Fußballer tatsächlich mit dem Aufstieg in die 1. Bundesliga endete.
Letztlich spielte die Fortuna im Relegations-Rückspiel gegen Hertha BSC 2:2 (1:1), und nach dem 2:1 im Hinspiel waren die Gastgeber am Dienstagabend etwa um 22.50 Uhr nach 15 Jahren wieder ins deutsche Fußball-Oberhaus zurückgekehrt. Zumindest war das die sportliche Geschichte, die von minutenlangen Spielunterbrechungen wegen Feuerwerkskörpern Fans auf dem Spielfeld sowie einem nun möglichen Protest der Berliner überschattet wurde.
Fortuna-Trainer Norbert Meier hatte beinahe schon logisch auf die Erfolgs-Elf von Berlin vertraut — also musste auch Sascha Rösler in seinem mutmaßlich letzten Spiel im Fortuna-Trikot draußen bleiben. Die Taktik war klar: hinten gut stehen, nach vorne möglichst Nadelstiche setzen. Hertha-Trainer Otto Rehhagel hatte sein Team auf drei Positionen verändert, um vor 51 000 Zuschauern in der Düsseldorfer Arena die letzte Chance auf den Klassenerhalt zu nutzen.
Dass es angesichts der erwartungsfrohen und stimmungsvollen Kulisse nicht leicht werden würde, war klar. Dass es die Gäste aber so eiskalt erwischen würde, hatte wohl niemand erwartet: Nach einem Ballverlust der Herthaner zog Maximilian Beister von der Mittellinie los, traf nach einem satten Linksschuss aus 20 Metern zum 1:0 mitten ins Berliner Herz — da waren gerade 25 Sekunden gespielt.
Zwar war die Hertha in der abgelaufenen Saison fünf Mal nach 0:1-Rückstand auswärts zurückgekommen, doch zu mehr als einem Remis hatte es jeweils nicht gereicht. Die Fans durften sich also schon langsam auf die Aufstiegsparty freuen, die mit dem Empfang am Mittwochmittag im Rathaus ihren ersten Höhepunkt erreichen könnte und mindestens bis zum Abflug der Mannschaft am Sonntagmorgen zur Abschlusstour nach Mallorca reichen dürfte.
Zumal die Berliner nach dem Gegentor eher blutleer wirkten, als wie ein bissiger, verwundeter Bär. Die Fortunen konnten schnell zu ihrer Taktik finden, mit der sie schon in Berlin Erfolg hatten, und machten mit zwei eng stehenden Viererketten die Räume in der eigenen Hälfte eng.
Gegen die hoch in den Strafraum geschlagenen Bälle indes war das kein probates Mittel, und aus einem solchen entstand der Ausgleich: Änis Ben-Hatira köpfte nach einer Freistoflanke von Ronny recht unbedrängt zum 1:1 ein (22.). In der Folge verstärkten die Gäste den Druck, bei Entlastungsangriffen blieben die Fortunen aber weiterhin gefährlich. Vor allem, wenn sie den nach seinem Treffer wie aufgedreht spielenden Beister auf die Reise schickten.
So musste Hertha-Torwart Thomas Kraft eine Glanztat auspacken, um ein erneutes Gegentor zu verhindern (38.). Das Gegentor war aber durchaus dazu geeignet, die teils überbordende Euphorie zu bremsen. Auch der Schuss von Ronny, den Michael Ratajczak mit einer Glanztat seinerseits entschärfte (43.), war Warnung genug vor der Pause.
Zum Seitenwechsel durfte dann Ranisav Jovanovic ran, der tags zuvor Vater geworden war. „Rani“ wurde für Ken Ilsö eingewechselt und war gleich an der ersten vielversprechenden Szene beteiligt: Zum Ende des Konters zielte Beister mit seinem 17-m-Schuss knapp drüber (49.).
Als der bereits mit Gelb verwarnte Torschütze Ben-Hatira mit gestrecktem Bein in Adam Bodzek reinrutschte und dafür die „Ampelkarte“ sah (55.), sollte die Fortuna endgültig auf die Siegerstraße kommen. In Überzahl gelang wenig später die Entscheidung: Thomas Bröker startete über den linken Flügel durch, bediente „Papa“ Jovanovic, der in der Mitte zur erneuten Führung per Kopf traf (59.).
Was danach auf den Rängen passierte, war indes mit der Bezeichnung „Blödsinn“ nicht mehr zu erfassen. Auf beiden Seiten wurden zahlreiche Signalfackeln abgebrannt, Feuerwerkskörper gezündet und auf das Spielfeld geworfen — nicht nur von den frustrierten Hertha-Fans, sondern auch von den Fortuna-Anhängern auf der Südtribüne.
Nach der mehr als vier Minuten dauernden Unterbrechung setzte Schiedsrichter Wolfgang Stark das Spiel nur mit dem Hinweis fort, dass bei weiteren Vergehen das Spiel abgebrochen werde. Als das sportliche Geschehen wieder in den Mittelpunkt gerückt war, wurde schnell offenbar, dass die Gäste der Mut verlassen hatte. Mehr als ein paar zaghafte offensive Versuche, die Klasse mit einem Kraftakt vielleicht doch noch zu sichern, kamen von den Berlinern nicht mehr.
Stattdessen stürmten die Fortuna-Fans das Feld - obwohl die offizielle Spielzeit noch nicht abgelaufen war. Nach entsprechenden Diskussionen, der Räumung des Spielfeldes und dem Beruhigen der gesamten Situation konnte Stark wieder anpfeifen und die Spielzeit "nachholen". Und so stand der „Nacht der Nächte“ und einem rot-weißen Aufstiegsrausch in den kommenden Tagen (und Nächten) zunächst nichts mehr entgegen. Auch wenn sich die rechte Aufstiegsfreude nur scheibchenweise einstellen wollte. Fortuna-Aufsichtsratschef Dirk Kall vermutete bereits unmittelbar nach dem Spiel, dass "diese Vorkommnisse sicher nicht ohne Folgen" sein werden.