Düsseldorf Frank Emmerich: „Wir brauchen den Kö-Bogen II nicht“

Frank Emmerich von CBRE über Fantasiemieten und Leerstände an der Kö, neue Flächen für Handel und Onlineshops.

Foto: Judith Michaelis

Herr Emmerich, mit dem Weihnachtsgeschäft läuft ja die wichtigste Zeit des Jahres im Handel. Wie ist denn die Stimmung in Düsseldorf?

Frank Emmerich: Wie überall wird geklagt. Der Umsatz stagniert. Es ist wie fast immer im Leben: Ein paar sind happy, viele gar nicht — bei den meisten ist es okay. Sehr zufrieden sind Sneaker-Anbieter — die gehen einfach tierisch zurzeit.

Aber nach dem U-Bahn-Bau sollten doch hier viele Händler aufatmen.

Emmerich: Mir tut ehrlich gesagt in der Seele weh, wie es auf der Schadowstraße noch immer aussieht — mit diesem Abriss. Das ist nicht charmant. Der Primark ist glücklich — das ist klar. Aber es gibt viele Marken, die das nicht sind. Einige wollen sogar raus aus ihren Geschäften. Nun ist schwierig zu sagen, ob das an der Straße liegt oder daran, dass die Erwartungen der jeweiligen Marke zu hoch waren, der Wettbewerb vielleicht zu tough ist. Jetzt zieht in das Geschäft von Bornemeyer die Drogerie-Kette Rossmann. Aus Vermietersicht muss man sagen: Alles richtig gemacht. Die haben eine Riesen-Bonität. Aber ob es für die Straße das Beste ist, sei mal dahingestellt.

Wenn Flächen frei werden, sind sie denn sofort wieder vermietet?

Emmerich: Nein, die Flächen gehen überhaupt nicht mehr so einfach weg. Die Einzelhändler sind sehr kritisch geworden. Auch sehr gut aufgeklärt und wenig kompromissbereit. Es ist sogar das erste Mal, so weit ich mich zurückerinnere, dass gleichzeitig auf der Kö vier Ladenlokale leerstehen. Bei dem ehemaligen „Warendorf Küchen“ an der Kö 92 hätte ich eine Kiste Schampus gewettet: Den kriegen wir locker weg. Aber da makeln wir uns einen Wolf. Es ist einfach keine 100-Prozent-Lage. Ab der Mitte der Kö geht die Frequenz runter.

Beim Pressegespräch vor einem Jahr sagten Sie, es gebe eine Warteliste von 50 namhaften Firmen, die unbedingt auf die Kö wollen.

Emmerich: Die gibt es auch. Aber für Lagen zwischen Kö-Galerie und Wempe. In dem Bereich könnte ich mir dann auch einen Hammer nehmen und bieten lassen. Da erzielen sie noch absolute Fantasiemieten. 50 Meter weiter — nichts mehr.

Dann muss es für den Kö-Bogen übel aussehen — die Mieten dort lagen ja von Anfang an ganz deutlich unter Kö-Niveau.

Emmerich: Er ist auch immer noch unter Kö-Niveau — und zu Recht. Viele Menschen, die dort Frequenz bringen, wollen eben nur zu Apple oder mal kurz beim Breuninger gucken. Die Kö ist eine Perlenschnur aus Luxusketten, die Klientel eine andere. Ich habe aber das Gefühl, dass es im Kö-Bogen besser geworden ist, seit er nicht mehr durch die Straßenbahnlinie abgeschnitten ist. Die Vorzeichen sehen gut aus.

Und was sagen Sie zum Kö-Bogen II? Brauchen wir den?

Emmerich: Nein, wir bräuchten ihn nicht. Da kommen 20 000 Quadratmeter zusätzliche Handelsflächen auf den Markt. Ich sehe: Wir haben schon Leerstände in der Stadt. Die Geschäfte im Kö-Bogen II sollen wohl zu je 2000 Quadratmeter vermietet werden — zu Spitzenpreisen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass die Marken dort Schlange stehen, aber am Ende werden auch diese Flächen belegt sein. Es müssten allerdings Firmen sein, die entweder noch nicht in Düsseldorf sind — oder einen Laden in der Altstadt haben und einen zweiten Standort wollen. Das Plus ist: Es ist ein Neubau, die technischen Voraussetzungen werden also stimmen.

Bewegen sich denn auch anderswo in der Stadt Vermieter und stellen sich auf die neuen Anforderungen des Marktes ein?

Emmerich: Das fällt ihnen sehr schwer — genau so wie in anderen Städten. Die Häuser gehören ihnen seit Generationen und immer haben sie mit einem Fingerschnipp vermietet — sich sogar das Gebäude noch vom neuen Mieter renovieren lassen. Das ist jetzt ein bitteres Erwachen. Der Markt ändert sich vom Vermieter- zum Mietermarkt. Und da gibt es Marken, die das knallhart ausnutzen. Vor allem große Filialisten. H&M etwa kann einfach sagen: Wir haben in Deutschland 450 Filialen — ob wir die 451. eröffnen, ist uns egal. Sie sind komplett emotionslos in den Verhandlungen.

Setzen sich in diesem knallharten Wettbewerb dann nicht noch mehr die Ketten durch?

Emmerich: Ja, absolut. Wann haben Sie in den arrivierten Lagen das letzte Mal gesehen, dass ein inhabergeführter Laden eröffnet hat? Der Grad der Filialisierung nimmt immer weiter zu. Und so steigt auch weiter die Macht der großen Marken.

Welche Marken oder Segmente gehen denn in Düsseldorf besonders gut?

Emmerich: Das ist nach wie vor Luxus — bei Chanel und Dior ist immer jemand drin. Für einen Blazer von Zara würde doch keiner von Dortmund nach Düsseldorf fahren. Aber wenn ich die „Louis Vuitton Neverfull“-Tasche haben will und wohne in Dortmund, dann kaufe ich sie online — oder ich fahre nach Düsseldorf.

Die Konkurrenz des E-Commerce dürfte in diesem Bereich geringfügig sein ...

Emmerich: Luxus ist so emotionsbeladen — das kaufen Sie nicht im Internet. Da wollen Sie einen Prosecco und eine schöne Tüte zu Ihrem Einkauf.

Wie ist der Anteil des Onlineversands in Düsseldorf generell?

Emmerich: Er liegt derzeit so bei 13 Prozent. Wir gehen davon aus, dass bei 16 bis 17 Prozent die Grenze ist. Die Düsseldorfer Innenstadt leidet lange nicht so stark wie in kleinen Städten.

Warum?

Emmerich: Alle Geschäfte, die man braucht, um ein komplettes Outfit zusammenzustellen, sind dicht beieinander. Diese Vielfalt und dazu die Möglichkeit, mal einen Kaffee oder Sekt zu trinken — da hat man alles erledigt und dazu ein paar schöne Stunden.

Was sagen Sie zu neuen Handelskonzepten wie den vielen Pop-up-Stores in Düsseldorf?

Emmerich: Es hat lange gedauert, aber jetzt kommt es immer mehr. Die Konzepte sind schön, um Leerstand zu kaschieren, und gut für die kleineren Marken. Wir haben im Sevens eine kleine Fläche von 35 Quadratmetern an die Marke Truffleroom als Pop-up-Store vermietet. Der macht so gute Umsätze, dass er jetzt überlegt, langfristig zu mieten.

Die Marke gab es vorher nur online. Der Schritt von On- zu Offline, zum realen Geschäft, scheint ein Trend zu sein.

Emmerich: Ja, das ist ein Trend, den wir sehen. Und die Onlineumsätze sind für die Firmen ein Indiz, wo sie ihre Läden eröffnen. Die Marke Ted Baker etwa will gerade nach Deutschland — und zwar in der Reihenfolge München, Düsseldorf, Hamburg. In den drei Städten machen sie ihre größten Umsätze mit dem Onlineshop. So etwas erlebe ich derzeit bei mehreren Unternehmen.

Gibt es weitere Trends in der Düsseldorfer Einzelhandels-Landschaft?

Emmerich: Es gibt immer mehr Kosmetikhersteller, die bisher bei Douglas und in den großen Departmentstores waren und jetzt mit eigenen Geschäften kommen. Sie werden selbstständiger und rüsten irre auf. Wir haben viele Gesuche von Firmen nach freien Läden auf dem Tisch. Und Düsseldorf ist bei allen Marken — nicht nur bei Kosmetikherstellern — ganz vorne als Wunschstadt dabei. Wir haben sogar eine Firma, die neu auf den deutschen Markt will und zwar ausschließlich nach Düsseldorf auf die Kö. Das ist bei allen Unkenrufen doch ein positives Zeichen für Düsseldorf.