Genuss von unaufdringlicher Virtuosität
Geiger Frank Peter Zimmermann spielte Bach mit den Berliner Barocksolisten in der Tonhalle.
Es gibt Musiker mit brillanter Technik, die ihr Können mit viel Schaueffekt vorführen. Und es gibt sehr ernsthafte Künstler, deren spieltechnische Fähigkeiten einen großen Hintergrund bilden und nur dann etwas offensichtlicher zum Vorschein kommen, wenn sie zugunsten des Ausdrucks abgerufen werden müssen. Zu dieser zweiten Sorte gehört der aus Duisburg stammende, weltweit geschätzte Geiger Frank Peter Zimmermann. Nun gastierte er mit den Berliner Barocksolisten in der Tonhalle.
Zu Gehör kamen ausschließlich Konzerte und Ouvertüren Johann Sebastian Bachs. Das Programm reißt nicht gleich vom Hocker, sind doch Bachs Konzerte weniger Glanzstücke für Solisten wie bei Vivaldi oder den Komponisten der Klassik und Romantik, sondern höfische Unterhaltungsmusiken — wenn auch von sehr erlesener Art. Solistisch den stärksten Wind macht das Konzert d-Moll für Violine, Streicher und Basso continuo, das auch in der Fassung für Klavier/Cembalo und Orchester bekannt ist.
Vor allem im bravourösen Finalsatz ist ein agiler Bogen gefragt. Zimmermann legt an dieser Stelle den Turbo ein. Doch wirkt seine Virtuosität nie aufdringlich, sondern musikalisch vollkommen zwingend. Die Berliner Barocksolisten, teilweise Mitglieder der Berliner Philharmoniker, finden unter der Leitung ihres Konzertmeisters Daniel Gaede zu einem dynamischen kammermusikalischen Miteinander.
Ganz so spektakulär fing der Abend allerdings nicht an. Das Bach-Konzert a-Moll bietet dem Solisten nur wenig musikalische Gestaltungsmöglichkeiten, und Zimmermann ist auch nicht der Typ, der Glanz künstlich herbei führt. Er ordnet sich hier fast unter. Der seidige Strich auf der Stradivari-Violine „Lady Inchiquin“ von 1711, die ihm die Düsseldorfer Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stellte, fällt aber trotzdem auf. Leider wirkt das Zusammenspiel ganz zu Anfang noch etwas steif, obwohl die Berliner Barocksolisten, wie es sich für Solisten gehört — natürlich mit Ausnahme des Cellisten und Cembalisten — im Stehen spielen und somit beim Musizieren einen weiteren Bewegungsrahmen ausfüllen können.
In zwei Werken tritt das kleine Kammerorchester ohne den prominenten Solisten auf: in der Sinfonia D-Dur zur Bach-Kantate „Am Abend aber desselbigen Sabbats“ BWV 42 und in der mehrsätzigen Ouvertüre-C-Dur. Hier bringen ein paar Holzbläser zusätzliche Farbe und Plastizität ins Klangbild. Das Zusammenspiel wirkt sehr elegant und souverän, teilweise aber auch zu eilig, wodurch sich die barocke Pracht dieser Musik nicht so ganz entfaltet. Es gibt artigen Beifall. Doch so wirklich begeistert reagiert das Publikum erst zum Schluss nach dem Bachschen d-Moll-Konzert. Für den starken Beifall gibt es eine Zugabe — natürlich wieder von Bach.