Geschichte des Nordparks: Vom Messegrün zum beliebten Erholungspark
Vor 75 Jahren entstand der Nordpark als Teil der Reichsausstellung „Schaffendes Volk“.
Düsseldorf. Die fröhliche Kinderschar war eben im Aquazoo. Jetzt rennt sie zum Fontänenplatz und sieht dem sprudelnden Wasser zu. Am liebsten würden die Kinder hineinspringen, genauso wie der Hund, der auf der anderen Seite der steinernen Umrandung steht.
Dank des Publikumsmagneten Aquazoo ist im Nordpark ständig etwas los, auch bei trübem Wetter. 1937 war das nicht anders, nur dass man damals Eintritt bezahlen musste, wenn man entlang der Wasserachse und der Blumenachse wandeln wollte. Denn der Nordpark war Teil der Reichsausstellung „Schaffendes Volk“, die zwischen dem 8. Mai und dem 17. Oktober 1937 6,9 Millionen Menschen aus dem In- und Ausland an den Rhein lockte.
Die Idee war alt, schon 1934 plante der Deutsche Werkbund, der sich eine Verknüpfung von Kunst, Industrie und Handwerk zur Verbesserung der Lebensverhältnisse auf die Fahnen geschrieben hatte, eine ähnliche Ausstellung. Sie sollte zudem mit dem Bau einer Gartenstadt verbunden werden.
Der Werkbund kam zwar nicht zum Zuge, weil er von den Nazis verboten wurde. Die Idee aber wurde von den nationalsozialistischen Machthabern aufgegriffen. In nur eineinhalb Jahren entstand in Stockum in der Nähe des Schlageterdenkmals ein riesiges Ausstellungsgelände mit 87 großen Hallen, 26 Pavillons, einem Vergnügungspark, Mustersiedlungen und einer großen Gartenschau. Mit 78 Hektar war es nur zwei Hektar kleiner als die gleichzeitig in Paris stattfindende Weltausstellung.
Alte Luftbilder verdeutlichen die Dimensionen: Von der Kaiserswerther Straße, die anlässlich der Ausstellung mit einem Straßenbahnanschluss versehen wurde, führt eine pompöse Fahnenallee auf die zum Haus der Deutschen Arbeitsfront umgebaute Neue Kunstakademie zu.
Links der von einem Grünstreifen gesäumten Aufmarschstraße erstreckt sich die Hallenstadt, rechts das weitläufige Gartenschaugelände mit Wasserachse, Fontänenplatz, Blumenachse und einem runden Pflanzenschauhaus als Abschluss der Achse. Heute wirkt das Entree weniger pompös, denn im Vergleich zu den riesigen Rossebändigern am Eingang erscheint der Aquazoo am Ende der Aufmarschstraße fast klein.
Entlang der Gartenachse aber hat sich kaum etwas verändert, nur die Bepflanzung der Blumenbeete variiert jedes Jahr. Düsseldorfs pensionierter Gartenhistoriker Claus Lange kennt den Nordpark wie kein Zweiter.
Er weiß um die Einzigartigkeit der Anlage, die seit 25 Jahren unter Denkmalschutz steht. Denn sie ist deutschlandweit das einzige Dokument der Gartenkunst aus der Zeit des Nationalsozialismus. Ähnliche Anlagen, z. B. in Hamburg, Berlin oder Stuttgart wurden später stark verändert.
Dem Stil der Zeit entsprechend herrscht im Park weitgehend Symmetrie. Da ist zum einen die zentrale Gartenachse mit den Wasserspielen, dem Fontänenplatz und der Blumenachse und zum anderen die dazu rechtwinklig verlaufene Achse mit Wasser- und Rosengarten.
Das „Drehkreuz“ zwischen beiden Achsen, das Blumenhaus für exotische Pflanzen, ist allerdings verloren gegangen. Es war schon 1944 so marode, dass es abgerissen werden musste. Ein Blumenring zeichnet heute seine Konturen nach. Dass der Park quasi konserviert wurde, war eine Folge der englischen Besetzung, denn die Briten nutzten das Gelände als Erholungszentrum für ihre Rheinarmee.
Heute umgibt den alten Gartenschaupark ein Ring neuerer Anlagen. Nachdem die Stadt in den 1950er Jahren den Engländern immer neue Parkteile abgerungen hatte, gestaltete in Rheinnähe Georg Penker einen Kakteen- und Sommerblumengarten im Stil der Nierentischzeit — auch dieser steht mittlerweile unter Denkmalschutz.
Und 1975 entstand als Geschenk der japanischen Gemeinde in Messenähe eine japanische Miniaturlandschaft mit Hügeln, Teichen, Wasserfällen und exakt zurechtgestutzten Bäumen.
Begonnen hatte die Musterausstellung übrigens mit einem handfesten Skandal um die im Park aufgestellten Kunstwerke. Stein des Anstoßes waren die Rossebändiger von Edwin Scharff am Eingang, die einem „Bändigen“ im nationalsozialistischen Sinn so gar nicht entsprachen.
Recken doch die Pferde ihre Köpfe in den Himmel, als wollten sie sich dem Aufzäumen entziehen, und lassen den Menschen neben sich eher hilflos ausschauen. Für gewisse Kreise ein Paradebeispiel für „entartete Kunst“. Die Ausstellungsmacher hätten die Figuren am liebsten in der Versenkung verschwinden lassen.
Der Wirbel um die Rossebändiger führte dazu, dass auch die übrigen Figuren im Park von den Ideologen genauer unter die Lupe genommen wurden. Mit dem Ergebnis, dass beim Besuch von Adolf Hitler im Herbst 1937 keine mehr zu sehen war.
Einzig die versteckt im Rosengarten aufgestellte „Sitzende“ des künstlerischen Außenseiters Johannes Knubel erschien harmlos genug, um bleiben zu dürfen. Erst 1941 wurden vier der insgesamt zwölf Figuren im Wassergarten wieder aufgestellt. Zwei weitere haben auf Bauhöfen überdauert. Heute stehen alle sechs erhaltenen Figuren auf ihren angestammten Plätzen.