Hase oder Kaninchen?

Der Stallhase ist kein Hase und nicht jedes Zwergkaninchen ein Stallhase: Die Verwandschaft von Hase und Kaninchen ist kompliziert.

Düsseldorf. Am Sonntag findet wohl jedes Kind einen Schokohasen im Osternest. Seit Generationen gehört der Löffelträger zu Ostern wie das bemalte Ei und der Lammbraten. Woher die Legende kommt, dass die Hasen besagte geschmückte Eier bringen, ist ungeklärt. Eine These besagt, dass damit in protestantischen Familien der Überhang an Eier erklärt wurde, der bei katholischen Familien im Rahmen der Fastenzeit angefallen war.

Sei’s drum - mit dem realen Hasen hat die Geschichte nichts zu tun. Dieser ist ein Säugetier und legt folglich keine Eier. Nur wer oder was ist der Hase? Oder das Karnickel, mit dem Kinder gern im Streichelzoo kuscheln und das mit Knödeln und Preiselbeeren zubereitet ein vortrefflichen Herbstbraten abgibt?

Befragt man Zoologen, bekommt man eine vorsichtige Antwort. Denn Hasen und Kaninchen (volksmundlich verballhornt zu Karnickel) sind alles andere als einheitliche Tierarten. Der Einfachheit halber wurde erst einmal alles als Hase klassifiziert, was unserem europäischen Feldhasen halbwegs ähnlich sah. Beim genaueren Hinschauen kamen dann die Schwierigkeiten. Und so gibt es heute die mit den Nagetieren verwandte Ordnung der Hasenartigen (Lagomorpha), die sich in die Familien der in Asien und Nordamerika beheimateten Pfeifhasen (Orchotonidae) und Hasen (Leporidae) gliedert.

Womit wir aber immer noch nicht beim Meister Lampe wären. Denn diese "Leporidae" bestehen aus 13 verschiedenen Gattungen mit insgesamt 55 Arten. Klar klassifizieren lassen sich eigentlich nur die Echten Hasen (Lepus) als Gattung mit rund 30 Arten, darunter auch dem Europäischen Feldhasen (lateinisch Lepus europeus), unserem Meister Lampe. Der Rest läuft ziemlich allgemein unter dem Sammelbegriff "Kaninchen" und trägt Artnamen wie Streifenkaninchen, Buschkaninchen, Vulkankaninchen und Zwergkaninchen, ohne mit unserem Kaninchen eng verwandt zu sein.

Das sind nur aus Spanien und Südfrankreich stammenden Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) und Hauskaninchen, deren domestizierte Nachfahren. Und diese werden nun im Volksmund auch Stallhasen genannt. Um die Verwirrung komplett zu machen, sind die im Tierhandel angebotenen Zwergkaninchen auch keine echten Zwergkaninchen, sondern nur besonders kleine Hauskaninchenrassen.

Das verwandtschaftliche Wirrwarr bekümmerte unsere Vorfahren allerdings wenig. Die Deutschen des Mittelalters kannten sowieso nur den Feldhasen - und allenfalls in Gehege gehaltene Kaninchen, die ab ca.1150 zunächst in den Klöstern als lebender Fleischvorrat gehalten wurde. Erst in der frühen Neuzeit wurden Kaninchen bewusst auf Inselns ausgesetzt, von wo aus sie sich schnell verbreiteteten. Ob das nun Wild- oder hauskaninchen waren, ist heute nicht mehr festzustellen, denn die heute bekannten rassen entstanden erst ab 1800.

Heute jedenfalls steht der Feldhase auf der Liste der roten Arten, während das Wildkaninchen allgegenwärtig zu sein scheint. Allerdings erholt sich in NRW langsam die Hasenpopulation langsam wieder, während die Zahl der Kaninchen stark schwankt - unter anderem der Myxomatose und anderen Viruserkrankungen.