Düsseldorf Ideen für die Friedrichstraße: Tempo 30, breite Autospur, klare Grenze zum Radweg
Vertreter der Rad- und der Autofahrer machen Vorschläge, wie der Unfallschwerpunkt Friedrichstraße bekämpft werden kann.
Düsseldorf. Die Friedrichstraße ist in der neuen Statistik der Polizei zu einem Unfall-Schwerpunkt geworden. Als eine Ursache für die 65 Zusammenstöße gilt der neue Radweg auf der Fahrbahn, auch wenn keine Radler an den Unfällen beteiligt waren. Ein Gespräch über Probleme und Lösungen mit Jan-Philipp Holthoff vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) und Roman Suthold, Leiter Verkehr beim Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) Nordrhein.
Versetzen Sie sich bitte in die Lage des jeweils anderen: Herr Suthold, wie finden Sie die Friedrichstraße für Radfahrer?
Roman Suthold: Genauso unattraktiv wie für Autofahrer. Es gibt Verschwenkungen, Verengungen, und dann wird der Radweg plötzlich unterbrochen, weil ein Container darauf steht. Dass hier für alle Verkehrsteilnehmer mehr getan werden kann, steht außer Frage. Die neue Friedrichstraße ist gut gemeint, aber leider nicht gut durchdacht.
Herr Holthoff, wie würden Sie die Friedrichstraße beurteilen, wenn Sie Autofahrer wären?
Jan-Philipp Holthoff: Ich fände eine einzelne Fahrspur verständlicher, weil man im Moment zu spät erkennt, wo zwei Spuren sind, wo es ein Reißverschlussverfahren gibt und wo man sich einordnen muss. Bei der Betrachtung der Unfallursachen heißt es oft, dass ein Fahrer unaufmerksam war oder etwas übersehen hat. Das reicht meines Erachtens nicht als Erklärung. Auch bauliche Fehler sind eine wesentliche Ursache.
Suthold: Das stimmt. Die Konflikte entstehen hier nicht zwischen Auto und Rad, sondern unter den Autofahrern, die auf die Verschwenkungen reagieren und deshalb zusammenstoßen.
Welche Aspekte sind aus Ihrer Sicht gut gelöst?
Suthold: Für die Sicherheit ist es immer von Vorteil, wenn die Radfahrer eine klare eigene Fläche haben und im Sichtfeld der Autofahrer sind.
Holthoff: Man wollte hier schnell etwas für Radfahrer erreichen, und ich sage klar: Es hat auch etwas gebracht für Radfahrer. Die vorherige Situation mit oberirdischer Straßenbahn war schlimmer, jetzt haben wir eine deutliche eigene Spur — wenn auch der Optimalzustand noch lange nicht erreicht wurde.
Warum wurde das nicht besser gelöst?
Holthoff: Weil die Stadt bei den Radwegen immer Stück für Stück vorgeht und dann die Stücke nicht unbedingt zusammenpassen.
Suthold: Der Radweg auf der Friedrichstraße ist Symbolpolitik. Es fehlt ein Gesamtkonzept.
Wie würde das aussehen?
Suthold: Man würde sich nicht einzelne Abschnitte anschauen, sondern das gesamte Radwegnetz der Stadt im Blick haben und dafür ein Konzept konsequent umsetzen.
Holthoff: Man müsste schauen, wo die Hauptverkehrsströme sind und diese Achsen dann mutig bauen. Im Moment gibt es zum Beispiel keine vernünftige Verbindung von der Uni im Süden in die Innenstadt. Es fehlt das Stück vor der Friedrichstraße, etwa ein Radweg auf der Merowingerstraße, und im Zentrum ist die Situation durch den Kö-Bogen sogar noch schwieriger geworden. Wir brauchen gute Nord-Süd und Ost-West-Fahrradverbindungen
Zurück zur Friedrichstraße: Wie sehen Ihre Lösungsvorschläge aus?
Holthoff: Es sollte durchgehend eine breite Spur statt zwei Spuren für die Autofahrer geben und Tempo 30.
Suthold: Auch mit Blick auf die Luftreinheit kann ich sagen, dass wir schnelle und attraktive Verbindungen für den Radverkehr brauchen. Da muss man schauen, ob sich andere Straßen besser eignen als die Friedrichstraße. Und wichtig ist, dass der Autoverkehr fließt und es kein Stop-and-Go gibt, denn das ist für die Luftreinheit fatal.
Könnten Sie sich mit Tempo 30 anfreunden?
Holthoff: Schneller fährt hier doch eh keiner.
Suthold: Stimmt, es wäre eine Dokumentation des vorhandenen Zustands. Bau und Betrieb der Straße müssten aber eine Einheit bilden. Ein Schild Aufstellen alleine reicht da nicht.
Ein weiteres Problem sind die Falschparker auf den Radwegen. Wie würden Sie das lösen?
Holthoff: Das geht nur baulich. Alle Gespräche mit dem Ordnungsamt und der Polizei haben ergeben, dass Kontrollen und Strafen nicht ausreichend wirken. Sie müssen das klar abgrenzen.
Suthold: Sie brauchen bei Geschäftsstraßen ein klares Konzept für den fließenden und den ruhenden Verkehr. Man kann nicht ein paar Striche auf den Boden malen und glauben, das Problem sei gelöst.
Wie ist es denn zu lösen?
Suthold: Wenn es wie bei der Friedrichstraße nahe und attraktive Parkhäuser gibt, dann kann man auch Parkraum wegnehmen, wenn es die Straße sicherer macht.
Holthoff: Und attraktiver für die Geschäftsleute, denn da parken im Moment nicht die Kunden.
Herr Holthoff, Sie haben gesagt, dass der Radweg klar abgegrenzt sein muss. Wie sähe das in der Praxis aus?
Holthoff: Es muss keine Trennmauer geben. Ich könnte mir vorstellen, den Radweg zu erheben und einen klaren roten Streifen zu schaffen, der von der Uni bis nach Golzheim reicht. Für den Bereich Friedrichstraße sollte man die Bürgersteige verbreitern und Parkflächen reduzieren, um insbesondere das illegale links auf der Spur parken zu verhindern und Parkkonflikte zu vermeiden. Stattdessen braucht es Lieferzonen. Auch die durch den Wegfall der Straßenbahn gebeutelten Einzelhändler würden von breiten Fußwegen und einem hohen Radverkehrsanteil profitieren.
Suthold: Bei roten Streifen ist die Hemmschwelle höher, das Auto darauf zu parken.
Holthoff: Düsseldorf ist leider sehr sparsam mit der roten Farbe.
Was kann man aus der Erfahrung mit der Friedrichstraße für die nächsten großen Radwege lernen?
Holthoff: Der Konsens für die Verkehrswende ist da, aber ich sehe noch nicht den Mut der Stadt zu großen Umbrüchen.
Suthold: Das Wissen, wie es richtig geht, ist auch vorhanden. Es gibt für alle Formen der Radwege passende Empfehlungen. Die würden sehr viel weiter führen. Ich weiß leider nicht, ob die nicht bekannt sind oder bewusst ignoriert werden.