Düsseldorf Immer weniger Religions-Unterricht
Zunehmend wählen Schüler stattdessen Philosophie. Die Schulen gehen zum Teil mit dem Trend, andere stemmen sich dagegen.
Düsseldorf. Eine Momentaufnahme aus der siebten Klasse des Goethe-Gymnasiums in Düsseltal: Obwohl der Jahrgang außergewöhnlich groß ist, sind nur zwei Religionskurse zustande gekommen - dem gegenüber stehen vier Kurse in Praktischer Philosophie. In anderen Jahrgängen ist die Verteilung eher umgekehrt, dennoch zeigt der siebte Goethe-Jahrgang einen Trend: weg vom klassischen Religionsunterricht.
Goethe-Schulleiter Ralf Schreiber spricht von einer langen Tradition im Zusammenhang mit der Religion an dem Gymnasium: „Uns ist das im Profil wichtig, wir pflegen zum Beispiel seit langem den wöchentlichen Gottesdienst.“ Eindeutig ablesbar ist das aber in der Fächerwahl nicht. In der achten Klasse halten sich je drei Religions- und Philosophiekurse die Waage, in der neunten ist das Verhältnis drei zu zwei.
Die Gründe für den allgemeinen Trend sind vielfältig. Offensichtlich gibt es gesamtgesellschaftlich eine Tendenz hin zur Säkularisierung, die Kirchen verlieren Einfluss und Mitglieder. Auch kommen zunehmend Kinder anderer Religionen an die Schulen. Aber auch solche mit deutschen Wurzeln, die nicht getauft sind und ohne enge Bindung an Religion aufwachsen.
Andererseits erfreuen sich gerade die Grundschulen mit konfessioneller Ausrichtung besonderer Beliebtheit. Und viele weiterführende Schulen stellen den Religionsunterricht bewusst in den Vordergrund. Doch hat das offensichtlich den Vormarsch des Fachs „Praktische Philosophie“ nicht verhindert.
Die Situation ist von Schule zu Schule sehr unterschiedlich, die Schülerschaft spielt eine Rolle, die Schulform, der Stadtteil und andere Faktoren. Statistische Daten für Düsseldorf liegen zwar nicht vor, die Landeszahlen sprechen aber eine deutliche Sprache. Und man kann davon ausgehen, dass der Trend in einer Großstadt wie Düsseldorf eher noch deutlicher ausfällt: An den Realschulen etwa ist die Zahl der Kinder in Philosophie-Kursen von 2004 bis 2014 von knapp 16 000 auf fast 48 000 gestiegen. In katholischer Religion sank die Teilnehmerzahl gleichzeitig von 168 000 auf 103 000.
Freilich gibt es Gegenbeispiele: An der Ferdinand-Schüßler-Hauptschule etwa wird Philosophie nicht angeboten. Am Marie-Curie-Gymnasium sind die Religionskurse nach Auskunft von Konrektor Holger Cornels deutlich in der Mehrzahl. Philosophie werde angeboten: „Aber erste Wahl ist Religion, so vermitteln wir das von Beginn an.“ Offenbar empfinde auch das überwiegend bürgerliche Klientel der Schule Religionsunterricht als Normalfall.
Anders an der Heinrich-Heine-Gesamtschule: Dort halten sich laut Schulleiterin Annette Günther Philosophie und Religion ungefähr die Waage. Für sie sei es wichtig, dass an der Schule über Werte gesprochen werde, sei es im Religions- oder im Philosophieunterricht. „Für mich stehen die beiden Fächer gleichwertig nebeneinander.“