Jeder achte Erwachsene ist überschuldet
Trotz eines Rückgangs: Die Quote der Überschuldung in Düsseldorf bleibt mit 12,3 Prozent weiterhin auf hohem Niveau.
Düsseldorf. Die Überschuldungssituation privater Haushalte in der Landeshauptstadt bleibt mit 12,3 Prozent weiterhin auf hohem Niveau. Jeder achte Düsseldorfer ist demnach im laufenden Jahr schon mehrfach vergeblich angemahnt worden, weil er Rechnungen nicht bezahlen konnte — oder er hat bereits eine Eidesstattliche Versicherung abgelegt, dass bei ihm nichts mehr zu holen ist.
Dies geht jetzt aus dem aktuellen Schuldneratlas hervor, den jährlich die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Zusammenarbeit mit der Volksbank Düsseldorf-Neuss herausgibt.
Zwar ist die Schuldnerquote im Vergleich zum vergangenen Jahr rückläufig (2012: 12,41 Prozent) und um 800 Schuldner deutlich gesunken. Doch hinkt Düsseldorf dem Landesdurchschnitt (11,83 Prozent) und noch mehr dem Bundesdurchschnitt (9,81 Prozent) hinterher. Da hierbei auch ländlich weniger betroffene Regionen mit Ballungsgebieten verglichen werden, ist der Stadtvergleich mit mehr als 400 000 Einwohnern präziser. Doch auch hier schneidet die Landeshauptstadt schlecht ab, liegt auf dem siebten Platz, nicht weit entfernt vom negativen Spitzenreiter Duisburg mit einer Quote von 15,36 Prozent. Etwa jeder Siebte ist in der Nachbarstadt überschuldet.
Und ein Blick in manche Stadtteile bzw. -viertel auch in Düsseldorf sei regelrecht beängstigend, sagt Chris Proios, Kaufmännischer Leiter bei der Creditreform. „Das müsste ein Weckruf für jeden Sozialdezernenten sein.“ Dramatisch ist demnach die Situation in der Altstadt. Fast jeder Dritte hat hier massive finanzielle Probleme (29,5 %). Stark überschuldet ist auch die Stadtmitte (24 %), Flingern-Süd (22,9 %), Reisholz (20,2 %) und Oberbilk (19,9 %). In Volmerswerth, Himmelgeist, Itter, Kalkum und Wittlaer herrschen dagegen eitel Sonnenschein. Lediglich um die vier bis fünf Prozent liegt hier die Verschuldungsquote.
Besonders besorgniserregend laut Creditreform: Die sogenannte harte Überschuldung nimmt zu: Dabei handelt es sich um Menschen, die sich in einer nachhaltigen und meist dauerhaften Überschuldungskrise mit bereits rechtlichen Konsequenzen befinden. Und: Immer häufiger rutschen junge Menschen (20 bis 29 Jahre) in die Schuldenspirale.
Bei der Ursachenforschung sind die Mitarbeiter von Creditreform offenbar genauso kreativ wie jene, die das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster werfen. Von Hedonisten ist da beispielsweise die Rede, die an der Spitze der typischen Düsseldorfer Problemmilieus liegen. Hierbei handelt es sich um die „spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht“. Deren Leben finde im „Hier und Jetzt“ statt. Auslöser für fehlendes Geld sei jedoch die Arbeitslosigkeit.
Ausblick: Rainer Bovelet, der die Schuldneratlas-Auswertung wissenschaftlich betreut, rechnet nicht mit einer Besserung — im Gegenteil: Eine Verbesserung der Konjunktursituation suggeriere vielen Menschen, dass sie Geld ausgeben könnten. „Wir rechnen wieder mit einem Anstieg der Überschuldung.“
Und Präventionsprojekten zumindest mit der Volksbank, wie sie es seit Jahren im Rhein-Kreis Neuss gibt, scheint man hier abgeneigt. „Wir haben bei den Verantwortlichen in Düsseldorf immer wenig Gehör gefunden“, sagt Vorstand Rainer Mellis. 2014 nehmen zehn Schulen im benachbarten Kreis an Unterrichtsblöcken teil.
Im Regionalraum ist Düsseldorf Schlusslicht der Untersuchung mit 62 000 Menschen in der Schuldenspirale. Spitzenreiter ist wie seit 2009 der Kreis Mettmann mit einer Quote von 9,89 Prozent. Der Rhein-Kreis Neuss erreicht 10,4 Prozent — allerdings ist dort ein Anstieg von 800 Schuldnern zu verzeichnen gewesen.