Auch in der Nacht und am Wochenende Warum der Düsseldorfer Kinderschutz-Dienst jetzt rund um die Uhr erreichbar ist

Düsseldorf · Mögliche Kindeswohlgefährdungen können nun immer direkt an den Kinderschutzdienst gemeldet werden. Die Stadt berichtet von ersten guten Erfahrungen, der Kinderschutzbund spricht von einem großen Fortschritt.

Der Kinderschutzdienst der Landeshauptstadt Düsseldorf ist rund um die Uhr erreichbar.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Der Schutz von Kindern kennt keine Dienstzeiten. Gefährdungen jeglicher Art gibt es gerade auch in den Abend- und Nachtstunden. Um dem gerecht zu werden, ist der Kinderschutzdienst (KSD) der Stadt Düsseldorf seit April rund um die Uhr erreichbar. Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) stellte die Kinderschutzmaßnahmen und die ersten Erfahrungen damit am Dienstagvormittag gemeinsam mit Experten aus der Stadtverwaltung vor.

„Kinderschutzfälle in der Nacht wurden in der Regel von der Polizei abgedeckt“, sagte Renate Schäfer-Sikora, die im Amt für Soziales und Jugend die Abteilung Kinderschutz und Erziehung leitet. Dass nun Fachkräfte rund um die Uhr bereitstünden, um Meldungen entgegenzunehmen und mögliche Gefährdungssituationen zu überprüfen, sei eine große Stärke der neuen Maßnahme. „Wenn es über Fachkräfte läuft, hat es einen anderen qualitativen Stand“, betonte die Expertin.

Dem stimmt die Leiterin des Kinderschutzdienstes, Daniela Schmitt, zu. Auch die Bündelung der Meldungen beim KSD gehöre zu den Verbesserungen. „Die Zentralisierung macht durchaus Sinn, weil wir mehrere Kinder sehen, begleiten und unterstützen können“, so Schmitt. Oberbürgermeister Keller bezeichnete den 24/7-Kinderschutzdienst als „unverzichtbaren Baustein für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Düsseldorf“.

Insgesamt steigt die Zahl der möglichen Kindeswohlgefährdungen – bundesweit und in der Landeshauptstadt. Der KSD bearbeitete nach Angaben der Stadtverwaltung von August 2022 bis März 2024 1320 Meldungen potenzieller Kindeswohlgefährdungen. Demnach bestätigte sich in etwa der Hälfte der Meldungen die Bedrohung nicht, in zehn bis 15 Prozent wurde zwar keine Gefährdung, aber ein Hilfebedarf festgestellt. In weiteren zehn bis 15 Prozent wurde außerdem eine Gefährdung erkannt, die durch die Einleitung von Schutzmaßnahmen abgewendet werden konnte. Die letzte anzuwendende Maßnahme, so erklärt es Schäfer-Sikora, sei dabei die Inobhutnahme der Kinder. Der Stadt sei daran gelegen, die Kinder möglichst in ihren Familien zu belassen, um zusätzliche psychische Belastungen zu vermeiden. Die Sorge genau davor sorge häufig für eine große Scheu bei Bürgern, die eine mögliche Kindeswohlgefährdung beobachtet haben und zögern, sie zu melden.

Kontaktpersonen von Kindern sollten sensibel reagieren

In „nur“ etwa zehn Prozent der Fälle kann die Gefährdung des Kindes nur durch eine vorübergehende Verbringung an einen sicheren Ort abgewandt werden. Die Experten fordern Kontaktpersonen von Kindern auf, sensibel auf mögliche Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung zu reagieren, sie zu melden und sich zu möglichen Hilfestellungen beraten zu lassen. Zu den Anzeichen könnten nicht nur offensichtliche blaue Flecken oder laute Schreie aus der Nachbarwohnung zählen, sondern auch Hinweise auf eine Vernachlässigung, wie häufige Schulabstinenz. Um der hohen Meldungszahlen Herr zu werden, arbeiten im Kinderschutzdienst nun 19 Personen, inklusive Leitung und Stellvertretung. Die 17 übrigen Fachkräfte sind jeweils und um die Uhr – jeweils in Dreierteams – im Einsatz. Eine Person nimmt dabei die Anrufe entgegen, die anderen machen sich nach dem Vier-Augen-Prinzip im Zweifel ein Bild der Lage und leiten – falls notwendig – entsprechende Maßnahmen ein. Nach Angaben des Jugendamts reagieren Kitas, Schulen und andere Partner positiv auf die „permanente Erreichbarkeit“ des KSD und die „zentrale Bearbeitung“ der Meldungen. Ausdrücklich begrüßt wird die Maßnahme der Stadt vom Kinderschutzbund. „Die zeitliche Nähe des Drumkümmerns ist wichtig und wertvoll“, sagt die Geschäftsführerin des Düsseldorfer Ortsverbands, Bettina Erlbruch auf Anfrage. Dass genügend Fachkräfte die Zeit haben, sich eine Situation vor Ort anzuschauen, sei elementar. „Dass das jeden Tag und jede Uhrzeit möglich ist, ist die entscheidende Verbesserung an der Situation“, so Erlbruch. Sie spricht von einem „Meilenstein“ im Kinderschutz in der Landeshauptstadt.

(jj)