Abraxas: Von den Krimi-Cops bis zu eigenwilliger Harfen-Musik

Das Abraxas ist ein geheimnisvoller Laden mit einem feinen und abwechslungsreichen Kulturprogramm.

Düsseldorf. Eine Kneipe ohne Alkoholausschank? Schwer vorstellbar. Im Abraxas an der Merowingerstraße 16 war es trotzdem bis zum vergangenen Mai ein halbes Jahr lang so — wegen Problemen mit dem Finanzamt fehlte die Konzession. Dass dennoch Publikum kam, lag vor allem am feinen Kulturprogramm des Lokals. Kneipe, Lokal oder Bar? Wirt Gert Thiele (58) — man sieht ihm die vergangenen 27 Jahre hinterm Tresen an — weiß selbst nicht, was genau sein Laden ist. „Eines sicher nicht: eine Lounge“, sagt Thiele. „Vielleicht eine Kaschemme?“

Das trifft es ganz gut. Rustikale Holztische, abgegriffener Tresen, gedämpftes Licht — es herrscht eine geheimnisvolle Atmosphäre. Musik kommt hier nicht aus dem Laptop, sondern von physischen Tonträgern. Die Kassetten im Regal sind nummeriert, mit einem Handgriff hat Thiele — graue Haare, grauer Kinnbart, Zigarette in der Rechten — sein Lieblingsstück parat: eine Kassette des Liedermachers Ulrich Roski, signiert am 16. März 1993. „Die läuft heute noch oft“, sagt Thiele. Roski, längst gestorben, ist einer von vielen Musikern, der mit Klampfe unterm Arm im Abraxas aufgetreten ist.

Traditionell haben meist Folk-Musiker dort gespielt. Mittlerweile hat sich das Programm aber in alle Richtungen geöffnet. Thiele: „Wenn jemand einen Brecht-Abend machen möchte, ist das okay. Eine Lesung oder ein Programm mit Liedern der 20er-Jahre ist auch in Ordnung.“ So oszilliert der Kulturkalender des Abraxas zwischen seriösen Lesungen, politischem Kabarett, eigenwilligen Harfen-Konzerten und offener Bühne zu Themen wie „Düsseldorf — Heimatstadt“. „Wir sind offen für alles. Im Zweifel müssen die Künstler aber damit klarkommen, dass keine Zuschauer kommen“, sagt Thiele. Damit ist dann auch die Gage futsch — denn in der Regel geht ein Hut durchs Lokal.

Einzige Programmatik des Programms: Politische und religiöse Agitation sind verboten. Thiele: „Diskussion gern, wer anderen aber seine Meinung aufzwingen möchte, kann gleich wieder gehen.“ Im Bierdunst des Abraxas hat neben Roski schon manch anderer großer Name gespielt. Kabarettistin Tina Teubner, heute regelmäßiger Gast im Kommödchen, war früher mal zu Gast. Barabara Oxenfort hat zweimal dort gesungen. Die Krimi-Cops lesen regelmäßig an der Merowingerstraße. Dann wird es eng: Ab 40 Gästen ist es gemütlich, bei 50 ist Schluss. Doch die Zeiten haben sich geändert: „Früher hieß es: Sobald mein Bier auf die Theke passt, passe ich auch noch dran — da waren auch 80 Leute im Laden. Heute brauchen die Menschen irgendwie mehr Platz“, sagt Angie Wanke, Lebensgefährtin Thieles. Dass Gäste abgewiesen werden müssen, kommt nur selten vor.