Momo: Gleichnis bleibt an der Oberfläche

Das Junge Schauspielhaus bringt Michael Endes Werk auf die Bühne — mit einigen Schwächen.

Düsseldorf. Michael Endes „Momo“ ist eine märchenhafte Metapher auf die moderne Gesellschaft mit ihrem straffen Zeitmanagement. Der Plot ist heute aktueller denn je. So kommt die Bühnenadaption des Jugendbuches durch das Junge Schauspielhaus zur rechten Zeit. Nun war Premiere im Großen Haus. Doch die Produktion für junge Theaterbesucher ab sechs Jahren bleibt in ihrer poppigen Buntheit etwas an der Oberfläche.

Momo (gespielt von Jennifer Frank) wirkt mit ihrem roten tragbaren Einpersonenzelt und den lässigen Klamotten etwas wie eine Großstadt-Camperin von der Occupy-Bewegung, die ihren Tross verloren hat. Und ihre neuen Freunde namens Gigi Fremdenführer (Christian Ehrich) und Beppo Straßenkehrer (Markus Danzeisen) bleiben etwas blasse Figuren.

Die Macher der Bühnenfassung, Barbara Kantel und Rüdiger Pape, lassen in einer langen, flippigen Einleitungsszene recht viel Zeit verstreichen, ohne dass das Thema des Stücks überhaupt erkennbar wird.

Erst mit dem Auftritt der Grauen Herren steigt die Spannung. Nun besitzt Michael Endes Vorlage so viel Geist, Spannung und Mystik, dass ein Theater nicht allzu viel falsch machen kann. Die Grauen Herren von der Zeit-Sparkasse, die mit fadenscheinigen Argumenten den Menschen die Zeit abluchsen, stehen ja für die Hauptakteure der ökonomisierten Gesellschaft, während Momo und ihre Freunde so etwas wie das freie, einfache Leben ohne Hast repräsentieren.

Die Zeit selbst wird personifiziert durch Meister Hora, der Stunden, Minuten und Sekunden verwaltet und sie den Menschen zuteilt. Das alles ist starker Stoff und wie geschaffen für einen faszinierenden Theaterabend. Und bei der Zuspitzung des Konflikts zwischen den Grauen Herren und der Titelheldin blüht auch die Schauspielfassung auf der Bühne etwas auf.

Ob die Krisensitzung in der Zeitsparkasse, Verfolgungsjagden im dichten Nebel oder die geheimnisvolle Szene im Uhrenturm des Meister Hora — da gewinnt die Bebilderung (Bühne: Flavia Schwedler) an visueller Sogkraft.

Für einen darstellerischen Lichtblick sorgt noch Ralf Harster als Schildkröte Kassiopeia. Ihm gelingt es, der Figur des Wundertiers, dessen Langsamkeit sich als Stärke erweist, etwas Fantastisches zu verleihen.

Leider verlaufen viele Dialoge so salopp und beiläufig, dass Michael Endes Gesellschaftsgleichnis die Suggestivkraft abhandenkommt. Dagegen wirkt die alte Hörspiel-Fassung wie großes Theater.

Vor allem das Happy End kommt so plötzlich und ohne inhaltliche Vertiefung, dass es wenig rührt. Nun könnte man einräumen, dass eine Produktion für Kinder nicht zu schwierig sein darf.

Doch zeigen manche Erfolge von anspruchsvollen Jugendproduktionen, dass auch Komplexes die Jüngsten begeistern kann. Die modernisierte Version kommt bei den großen und kleinen Besuchern im Schauspielhaus dennoch merklich gut an, so gibt es viel Jubel im voll besetzten Saal für Darsteller und das Regieteam.