Ausstellung in der Kunsthalle: Lehrstunde in der Kunstbetrachtung

Matts Leiderstam stellt in der Kunsthalle aus.

Düsseldorf. Der 44-jährige Konzeptkünstler Matts Leiderstam aus Göteborg produziert kaum eigene Werke, und wenn, dann höchstens Kopien. Er will die Besucher sehen lehren. Die Kunsthalle verwandelt er in eine Studierstube, verteilt Spezialgläser, Rahmen und Installationen. Er lässt die Kunstgänger aktiv an seinen Bild-Vergleichen teilnehmen.

Er hängt Landschafts-Gemälde mit deutschen und schwedischen Motiven neben- und übereinander in den Kinosaal und bittet jedermann, im Obergeschoss durch ein Skiaskop zu schauen, einen Apparat für den Sehtest beim Augenarzt. Das Gerät ist auf ein Bild vom Wasserfall im Neandertal gerichtet. Ganz nah kommt das gemalte Wasser dem Auge entgegen.

Nur: Das gemalte Wasser ist ein Trugschluss. Auf seiner Motivsuche im realen Neandertal freute sich Leiderstam zunächst an der Natur, doch dann entdeckte er das Falsifikat: Das Wasser wird von einem Abwasserrohr gespeist, es kann abgestellt und später wieder angestellt werden. Es wird von einem Kalksteinwerk gesteuert und dient zum Reinigen der Steine.

Als Leiderstam diese ernüchternde Tatsache feststellte, spannte er eine Leinwand auf, grundierte sie und projizierte die Fotos vom fallenden Wasser, das manchmal so spritzt wie aus der Leitung. Erst durch die Apparate des Schweden wird den Deutschen klar, wie ihnen da eine Idylle vorgegaukelt wird, die sie ahnungslos bewundern.

Der Besucher muss sich für die intelligente Schau viel Zeit nehmen und sollte tunlichst ein kleines Beiheft studieren, das an der Kasse erhältlich ist, um all die Verweise auf eine Natur aus zweiter oder dritter Hand zu verstehen. So kopierte Leiderstam Meisterwerke von Claude Lorrain und Nicolas Poussin und stellte die Kopien in englische Parks.

Die Fotos der Bilder im Park beweisen, wie die Briten nicht der Natur nachspürten, sondern die idealen Gärten der Franzosen in ihre Parks übersetzten. Zu allen Zeiten wurden Besucher an der Nase herumgeführt, wenn es um Naturbilder ging.

Im 19.Jahrhundert gab es die Hudson River School mit den arkadischen Landschaften. Leiderstam fotografierte Berge und Tal am Hudson, indem er drei Farbfilter vor das analoge Kameraobjektiv hielt, in Gelb für den Morgen, in Rotbraun für den Abend und in Blau für die Nacht. In der Kunsthalle kann man sich derlei romantisch verlogene Landschaften durch Spiegel, Reflektoren, Fernrohr und Computersimulation selbst zusammenstellen.