Premiere Brechts Parabel hat aktuelle Brisanz

Rechte Strömungen in Europa bewegen Regisseur Hesse in „Arturo Ui“. Am Freitag ist Premiere im Central am Hauptbahnhof.

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Düsseldorf. Volker Hesse hat schon einiges erlebt auf deutschsprachigen Bühnen. Aber dass die aktuelle politische Lage in Europa die täglichen Proben so stark bewegt wie in den vergangenen Wochen, ist selbst dem erfahrenen Theatermann so noch nicht passiert. Am Freitag hat seine Inszenierung von Brechts Parabel „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ Premiere im Central am Hauptbahnhof.

Parallelen zur Gegenwart sind für den ehemaligen Intendanten des Berliner Maxim-Gorki-Theaters offensichtlich: „Das Aushebeln von Rechtsstaatlichkeit und demokratischer Gewaltenteilung in Ungarn und Polen und rechtsradikale Strömungen wie in Frankreich oder der Schweiz mit dem Front National und der SVP. Dort sind das ja längst keine Randparteien mehr. “

Brecht führe modellhaft vor, wie die Gangster-Bande um Arturo Ui, dem er als Person Züge von Adolf Hitler und Al Capone verleiht, die Justiz wie Hampelmänner dastehen lässt und sich unheilvoll mit der Wirtschaft verbindet. 1941 hat Brecht „Arturo Ui“ verfasst. „Ein Aufschrei gegen die Barbarei des Nationalsozialismus“, sagt Hesse. In seiner Inszenierung wird es keine Bezüge zur Nazi-Zeit geben, keine Anlehnungen an historische Figuren wie in der Vorlage. Er will die Brisanz des Modells ins Bewusstsein rücken. Hesse glaubt an die Kraft des politischen Theaters. Daran, dass die Kunst befruchtet, neu und anders nachdenken und nachfühlen zu können. „Brechts Fähigkeit, Sprache zu verdichten, die Alltäglichkeit scharf auf einen Punkt zu bringen, ist etwas Anderes, als in Talkshows aufzutreten.“ Der Regisseur, von dem zuletzt in Düsseldorf Shakespeares „Sturm“ zu sehen war, will nicht dem aktuellen Geschehen hinterherhetzen. Vielmehr lässt er Brechts Figuren in einer heutigen Welt miteinander verhandeln, ohne dass sie dabei eindeutig zu verorten wären. Die Grenze zwischen Zuschauer und Schauspieler sei fließend, kündigt Hesse an.

Zuschauer einzubeziehen, Laien und Schauspieler zusammenzubringen, dafür steht der inzwischen in der Schweiz beheimatete Hesse. Mit dem Intendanten Günther Beelitz verbindet ihn eine lange Arbeitsbeziehung, schon in den 1970er Jahren hat er mit den Schauspielern Manuela Alphons, Wolfgang Reinbacher und Reinhart Firchow in Düsseldorf gearbeitet. Jetzt bringt er sie erneut auf die Bühne. „Sie haben eine sehr persönlichkeitsstarke Qualität.“ Dem gegenüber stehe die Gruppe junger Darsteller, unter ihnen Haisam Abbas als Arturo Ui. Hesse findet: „Eine spannungsvolle Konstellation.“