Interview Düsseldorfer hat Chance auf einen Oscar

Produzent Frank Henschke ist mit seinem türkischen Drama „Mustang“ für den wichtigsten Filmpreis der Welt nominiert.

Als Frank Henschke das Drehbuch las, wusste er sofort, dass er den Film produzieren will.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Der Film „Mustang“ könnte Ende Februar einen Oscar gewinnen und damit auch ein Stück Ruhm an den Rhein bringen. Denn der Düsseldorfer Filmproduzent Frank Henschke hat an dem Film mitgewirkt. In der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ ist das türkischsprachige Drama nominiert. Frank Henschke (53) ist Geschäftsführer der Düsseldorfer Filmproduktion „Vistamar“ und war von der ersten Sekunde an vom Drehbuch überzeugt.

Im türkischen Drama „Mustang“ versuchen fünf Schwestern, sich aus den Zwängen der männlichen Gesellschaft zu lösen, um ihr Leben selbstbestimmt führen zu können.

Foto: Vistamar

Herr Henschke, was bedeutet es für Sie, dass der Film „Mustang“ nun in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ für einen Oscar nominiert ist?

Frank Henschke: Ich freue mich wahnsinnig darüber, aber die Konkurrenz ist sehr stark. Wir sind der „Underdog“ unter den Nominierungen und ein Oscar würde uns viele Türen öffnen. Es ist das Erstlingswerk der Regisseurin und die Originalsprache ist Türkisch. Der Film wurde ins Deutsche synchronisiert und ich hoffe, dass durch die Nominierung auch hier in Deutschland viele Menschen ins Kino gehen, um diesen Film zu sehen.

Viele dachten, das Projekt sei zu heikel, und rieten Ihnen davon ab. Was hat Sie dazu bewegt, den Film trotzdem mitzuproduzieren?

Henschke: Als ich das Drehbuch gelesen habe, wusste ich sofort: Das will ich machen. Die türkische Regisseurin Deniz Gamze Ergüven hat mich auch von Anfang an beeindruckt. Sie ist eine Frau voller Energie und Tatendrang und investiert viel in den Film, in dem es um Selbstbestimmung und Freiheit von Frauen geht. Viele der Elemente des Dramas hat sie selbst in ihrer Heimat erfahren. Wir haben allerdings auch viel Unterstützung bekommen, etwa von der Film- und Medienstiftung NRW.

Der Film dreht sich um das Schicksal von fünf türkischen Schwestern. Ihr unbedarftes Verhalten wird von ihrem Umfeld als Provokation aufgefasst. Wie wirkt der Film auf die Zuschauer?

Henschke: Die Mädchen repräsentieren alles, was Teenager ausmacht: die Pubertät, die Neugier und die erste Liebe. Doch ihnen ist nicht erlaubt, sich so zu verhalten, wie sie gerne wollen. Ihre Art wird als Provokation ausgelegt und ihr Zuhause verwandelt sich immer mehr in ein Gefängnis, aus dem sie ausbrechen wollen. Auch wenn der Film die Einschränkungen der Mädchen thematisiert, macht er durch ihre Auflehnung Mut. Die Situation ist schwierig, aber nicht unüberwindbar.

Der Film heißt „Mustang“. Was haben fünf Teenager mit Pferden gemeinsam?

Henschke: Mustangs sind frei und schwer zu zähmen. Sie lassen sich nicht irgendwo reinpressen. Sie laufen nach vorne und bleiben nicht stehen. Das alles spiegelt die Mädchen sehr gut wider.

Wann wussten Sie, dass jegliche Zweifel an dem Projekt unbegründet waren?

Henschke: Bei der Premiere in Cannes hatten wir ganze 15 Minuten stehenden Applaus. Das war im Mai vergangenen Jahres. Da wussten wir, der Film ist etwas Besonderes.

Der Film ist eine Co-Produktion von „Vistamar“. Inwiefern haben Sie am Film an sich mitgewirkt?

Henschke: Zu allererst fallen mir da sehr, sehr lange Telefonate mit der Regisseurin ein. Viele denken ja, als Produzent gibt man nur Geld, aber das stimmt nicht. Bei der Bearbeitung des Drehbuchs und des Schnitts ist Kreativität gefragt - das mache ich am liebsten. Vom Plakat bis zum Gespräch mit den Kinobesitzern muss alles geregelt werden.

Stars wie Reese Witherspoon oder James Franco haben in sozialen Netzwerken bereits gesagt, wie beeindruckt sie von dem Film sind. Wie sehen Sie solches Feedback?

Henschke: Ich weiß das besonders zu schätzen, weil ein Großteil der heutigen Werbung über Facebook, Instagram und Twitter läuft. Stars sind dort die Multiplikatoren, sie haben viele Follower und somit eine große Reichweite.

Welche Projekte stehen als Nächstes an?

Henschke: Eins meiner nächsten Projekte ist ein Thriller, der sich hier in Düsseldorf abspielt. „Der letzte Schilling“ heißt er und ist im Stil des „Film Noir“. Düsseldorf ist dabei aber nicht nur Drehort, sondern hat sogar die Hauptrolle. Schauplätze sind die Altstadt, das Tunnelsystem der U-Bahn und auch Stadtteile wie Flingern oder Bilk. Wenn alles klappt, starten die Dreharbeiten im Herbst.

Sie sind selbst in Düsseldorf geboren und aufgewachsen. Was bedeutet es für Sie, einen Film über ihre Heimatstadt zu drehen?

Henschke: Der Spielfilm ist eine Chance, Düsseldorf zu zeigen. Auch mit Seiten, die man bisher vielleicht noch nicht kannte. Schließlich lässt sich Düsseldorf nicht nur auf die Kö reduzieren.

Was schätzen Sie an Düsseldorf?

Henschke: Düsseldorf ist eine Stadt mit Charakter und ich lebe gerne hier. Von hier aus kann man mit dem Flugzeug überall schnell sein — egal ob London, Paris oder Berlin. Die Stadt hat ein wahnsinniges Potenzial, was bisher gar nicht so nach außen getragen wurde. Aber sie hat das auf jeden Fall verdient.