So war das Konzert in Düsseldorf Bryan Adams – stürmisch statt sentimental

Düsseldorf · Bryan Adams gastiert auf seiner Tour in Düsseldorf und begeistert die Fans. Der Kanadier zelebriert Songs aus vier Jahrzehnten.

Bryan Adams kommuniziert intensiv mit Band und Publikum.

Foto: dpa/Chris Young

Kurz vor den Zugaben fasst Bryan Adams die vorherigen zwei Stunden knapp und ein wenig melancholisch zusammen. „I wrote the songs, but they become yours. You made the memories“, sagt der fast 65-jährige Kanadier und fügt hinzu: „I’m touched by that“. So viele Songs, so viele Erinnerungen, so viel Euphorie: Adams und seine Band sorgten im ausverkauften PSD Dome für einen Gemütszustand, der dem Titel seiner Tour und seines 2022 erschienenen Albums entspricht: „So happy it hurts“. Schmerzhaft war vor allem, dass dieses Konzert nach zwei Stunden und 20 Minuten enden musste.

Das Ensemble erfindet
fast jeden Song neu

Wer bei 28 Songs, darunter nur drei aus dem aktuellen Album, einen nostalgischen Rückblick, ein radiotaugliches „Best of“ erwartet hatte, wurde eines Besseren belehrt, was man bei seinen live gespielten Songs wörtlich nehmen darf: Alle, wirklich alle Songs des Musikers profitieren von der Präsenz, Spielfreude und Exzellenz des Ensembles, das fast jeden Song neu erfindet. Paradebeispiel sind „Please forgive me“ oder „Heaven“, starke Balladen, die Adams live von aller Sentimentalität befreit: Geschmachtet wird woanders. Die Musik kennt nur eine Richtung: vorwärts. Die Adams-Anthologie wird zur Sternstunde des Rock – auch da, wo man ihn gar nicht erwartet.

Dabei hätte man es wissen können: Adams beginnt die Show mit „Kick Ass“, einem Statement vom jüngsten Album, in dem er augenzwinkernd die Schöpfungsgeschichte modifiziert: Ein Engel in Blue Jeans meint, dass eine entscheidende Zutat fehlt im Paradies: Rockmusik. „Let there be guitar! Drums! Bass! Piano!“ schallt es im Alten Testament nach Adams, und los geht die wilde Fahrt. Adams steht in typischer Pose nah am Mikrofon und wippt meist mit dem linken Fuß, während er das Publikum mit „Can’t stop this thing we started“, „Somebody“ und „18 till I die“ auf Betriebstemperatur bringt – am Mitsing- und Mitklatschmodus wird sich nichts mehr ändern.

Adams kommuniziert intensiv mit der Band, vor allem mit seinem kongenialen Partner: Was Lead-Gitarrist Keith Scott, seit 1981 Teil der Band, zeigt, ist sensationell. Er lässt sein Instrument klingen, nein singen, als wolle er Brian May von Queen oder David Gilmour von Pink Floyd Konkurrenz machen.

Seine Reverenz erweist Adams einer Freundin, mit der er früh auf Tour gehen durfte: Für die 2023 verstorbene Tina Turner singt er mit „It’s only love“ einen seiner schönsten Songs, neu arrangiert mit den Turner-Hits „The Best“ und „What’s love got to do with it“. Seinem verstorbenen Vater widmet er „Shine a Light“, seiner 96-jährigen Mama „Straight from the heart“, das er allein mit Akustikgitarre und Mundharmonika spielt. Die setzt er auch in „Go Down Rockin’“ ein, einem der stärksten Songs des Abends, in dem die Band mit Tempowechseln und furios beschleunigten Beats zu Hochform aufläuft.

„Here I am“ und „Summer of 69“ schaffen große Momente

„Here I am“, ebenfalls nur mit Piano und Akustikgitarre, und „Summer of 69“ mit nicht enden wollendem Refrain schaffen weitere große Momente, auch „Everything I do, I do it for you“ darf nicht fehlen: Der Titelsong des Robin Hood-Films mit Kevin Costner als „König der Diebe“ war ein Mega-Hit im Sommer vor 33 Jahren. „So Happy It Hurts‘ läutet das Finale ein – ein Lied über den Wert der in der Pandemie verlorenen Freiheit –, ehe „Run to you“ und „Cuts like a Knife“ wieder für lauten Jubel sorgen; auch bei einer „Tribute Band“, die Adams auf die Bühne holt. Zuvor hat er schnell auf einen Zwischenfall reagiert, bei dem eine Zuhörerin medizinisch versorgt werden musste: Nach kurzer Unterbrechung widmet er ihr „Have you ever really loved a woman“ mit Keith Scott an der Spanischen Gitarre.

Mit „All for love“ von 2009, ebenfalls Filmmusik („Die drei Musketiere“), endet ein großer Abend. „Ein grandioser Musiker“, sagt eine Stimme hinter mir. Wie wahr.