Düsseldorf Das EKG der Elektro-Musik schlägt aus
Ende Oktober steigt mit „Electri-City“ eine hochkarätig besetzte Konferenz zur Musikszene, die die ganze Stadt erfassen soll.
Düsseldorf. Wenn Hilmar Guckert, Geschäftsführer der „Düsseldorf Congress & Sport Event“ (DCSE), mal wieder im Ausland unterwegs ist, dann hat er stets ein hervorragendes Geschenk für seine Gastgeber dabei. „Es ist eine CD von Kraftwerk“, sagt er. Seine Geschäftspartner sollen schließlich nicht denken, dass Düsseldorf nur für Mode und Altbier steht. Sie sollen sehen: Am Rhein kam die elektronische Musik zur Welt. Nicht in New York. Nicht in London. Nicht in Berlin. Und erst recht nicht in Köln. In Düsseldorf. Und deshalb sei es für ihn auch eine Frage der Ehre, im kommenden Oktober das Congress Center (CCD), welches mit Musik bislang ja eher weniger am Hut hatte, für die erste Konferenz über die Düsseldorfer Elektro-Szene zu öffnen. Guckert möchte dabei sein, wenn vom 29. bis zum 31.Oktober der Pioniergeist durch die Landeshauptstadt, die „Electri-City“, weht.
Wobei es sicherlich nicht beim lauen Wehen bleiben wird. Die „Electri-City Conference“, deren Programm jetzt vorgestellt wurde, ist nämlich mehr als eine Ansammlung von Expertengesprächen und trocken-theoretischen Vorträgen über ein Thema, das in vertonter Form Millionen von Menschen ans Herz geht. „Electri-City“ soll die ganze Stadt in Beschlag nehmen. Von der Messe über das NRW-Forum bis hin zum Zakk. Sie soll Wissenschaftler, Musiker und Fans zusammenbringen, damit diese sich gemeinsam noch einmal vor Augen — und bei zahlreichen Konzerten eben auch vor Ohren — halten können, was seit damals passierte. Seit dem Moment, in dem Kraftwerk, La Düsseldorf, DAF oder Neu! die ersten elektronisch generierten Pluckertöne aus ihren Mini-Moog-Synthesizern auf die Menschheit losfiepen ließen. „Hier wurde ein Zeitgeist geprägt“, sagt Rüdiger Esch. Der Düsseldorfer ist das Gehirn hinter „Electri-City“.
Der Musiker der Industrial-Band Die Krupps schrieb zuletzt das Buch, das der Konferenz ihren Namen gab, und in dem er Zeitzeugen von damals berichten lässt von „Autobahn“ und Conny Planks legendärem Studio. Vom Creamcheese-Club und dem Überschwappen der Elektro-Welle nach Großbritannien und Amerika. Als Esch im Januar dieses Jahres zu einer ähnlichen Konferenz über das Ouvre Kraftwerks ins englische Birmingham eingeladen wurde, da habe er sofort gewusst: „Es wird Zeit, sowas auch hier zu machen.“ Dass am Ende — nachdem er den selbsterklärten Elektro-Fan Enno Stahl vom Heinrich-Heine-Institut als Kurator für das Vortragsprogramm gewinnen konnte — in so kurzer Zeit gar die „Rolls-Royce-Version einer Konferenz“ mit drei Tagen und mehreren Orten herausgekommen sei, habe ihn allerdings schlichtweg umgehauen.
Verdenken kann man Esch diese euphorische Wallung nicht. Immerhin haben ihm bereits viele, von Düsseldorf aus inspirierte Stars der Szene wie Andy McCluskey (OMD) oder Peter Hook (Joy Division, New Order) ihr Kommen zugesagt. Die britische Elektropop-Legende Heaven 17 wird ebenso ein Konzert geben wie der Ex-Kraftwerker Michael Rother. Daniel Miller, Manager der Elektro-Superstars Depeche Mode und Gründer des weltbekannten Elektro-Labels Mute, legt Platten auf. Und dann gibt es eben noch diese über ein Dutzend Vorträge und Gesprächsrunden, bei denen der Nostalgie ebenso gehuldigt werden soll wie der Gegenwart, die heute vom Früher lebt. Er als Musiker und Szene-Insider kenne „einige der richtig harten Kraftwerk- und Elektro-Fans aus aller Herren Länder“, sagt Esch. Eine richtige „Community“ sei das. Verrückter als die „Krieg der Sterne“-Jünger — was etwas heißen wolle. „Und die ersten von ihnen haben sich bereits Tickets gekauft.“ Es ist der Beweis: Das Computer-EKG der „Electri-City“, der elektronischen Stadt, schlägt wieder aus.