Tanzhaus NRW Der Tanz ins Digitale
Düsseldorf · Das 15. Festival Temps d’image am Tanzhaus zeigt Kunstprojekte an der Schnittstelle von Tanz und Digitalität.
Eigentlich gehört Technik – sei sie nun digital oder nicht – heutzutage selbstverständlich zur Arbeit in den darstellenden Künsten dazu. Ob nun Theater, Tanz und Co. Produktionen spielen nicht nur hinter, sondern immer wieder auch vor der Bühne gerne mit den heutigen Möglichkeiten, die Medien, Computer und zeitgemäße Bühnenausrüstung uns an die Hand geben. Nicht selten werden technische Effekte oder auch das weite Spektrum digitaler Medien in die Inszenierungen eingebunden. Macht es deshalb überhaupt Sinn, bei einem Festival just die Schnittstelle zwischen Tanz und Digitalität explizit zu betonen, so wie es nun schon zum 15. Mal im Tanzhaus NRW passiert? Digitalität trifft heute doch unentwegt, mal sichtbar, mal unsichtbar in zeitgenössischen Positionen von Tanz und Performance auf den Menschen, amalgamiert mit Bildern, Bewegungen, Klängen, Videosequenzen und vielem mehr, zu gesamt-ästhetischen Erlebnissen.
Das Festival zeigt drei internationale Produktionen
Doch ja – das Festival Temps d’image, vom 9. bis zum 18. Januar, hat durchaus seine Berechtigung. Denn hier geraten vornehmlich jene Bühnenproduktionen in den Fokus, die Digitalität ganz explizit zur Bedingung ihrer Ästhetik machen, wo Digitales nicht nur Zufall, Werkzeug oder ein nützlicher Helfer hinter der Bühne ist, sondern integraler Bestandteil des Wirkens der jeweiligen Künstler ist. Wie es auf der Seite des Tanzhauses heißt, stellt das Festival digitale Verkörperungsprozesse ins Zentrum und macht sich auf die Suche nach den Schnittstellen von digitalen und analogen Körpern. Dieses Jahr reicht das Spektrum der präsentierten Arbeiten von virtuellen Erlebnissen über Licht absorbierende Körper bis hin zu einer gemeinschaftsstiftenden App, die ganze Gruppen zum Tanzen bringt.
Vor allem aber möchte das durch Arte initiierte Festival Temps d’image, das übrigens „Zeit der Bilder“ heißt, namhafte internationale Künstler unmittelbar und gleichberechtigt mit Mixed-Media-Arbeiten – 1 zu 1-Performances – einer jungen Künstlergeneration in einen Dialog, gleichsam in Diskurs und Kontext setzen. Große Bühneproduktionen erwarten die Besucher von Hiroaki Umeda, Stéphane Gladyszewski und Brigitta Muntendorf und treffen auf junge Künstler wie Charlotte Triebus, Absolventin der Kunsthochschule für Medien Köln, oder das Düsseldorfer Bewegtbild-Kollektiv Warped Type.
Hiroaki Umeda eröffnet das Festival am Donnerstag, 9. Januar, und Freitag, 10. Januar (jeweils um 20 Uhr) mit einem Doppelprogramm. Der Japaner verbindet Tanz, Visual Arts und Sounddesign, zunächst in dem Solo „Median“, in dem er die „Choreografie von Zellen“ erforscht. Diese spiegelt sich in Projektionen und Klängen, die wie digital augmentierte Klang-Aufnahmen von mikroskopischen Prozessen anmuten. Der zweite Teil des Abends stellt drei weibliche Stars der japanischen Streetdance-Szene in den Mittelpunkt. Die Tänzerinnen gewannen u.a. den renommierten Show Contest „Dance Delight Japan“, indes spielt die digitale Komponente auch hier eine tragende Rolle, vor allem im Sound.
Die Kölner Komponistin Brigitta Muntendorf präsentiert am Samstag, 11. Januar, um 20 Uhr gemeinsam mit ihrem Ensemble „Garage“ ihre Arbeit „Display Songs“. In diese Produktion ist auch das Bewegtbild-Kollektiv Warped Type aus Düsseldorf involviert. In ihren Arbeiten sprengt Muntendorf die Grenzen zwischen Theater und Musik; lässt Bilder, Klang, Sprache, Medien aber auch Bewegungen zu hermeneutisch aufgeladenen Gesamtkonzepten werden. Bekanntes wird durch Überschreibungen infrage gestellt, collagenhaft mischen sich bisweilen verstörende ästhetische Affektionen.
Der kanadische Künstler Stéphane Gladyszewski ist mit der Deutschlandpremiere „Corps noir“ am Donnerstag, 16. Januar und Freitag, 17. Januar, um jeweils 20 Uhr erstmals im Tanzhaus zu Gast. Mittels einer Wärmebildkamera sowie eines Projektors mit Stroboskop-Effekten inszeniert der Künstler seinen eigenen Körper als Projektionsfläche und Resonanzkörper. Von Gladyszewski ist auch die 1 zu 1-Performance „Tête-à-Tête“ zu erleben.
Noah Hellwig bringt in seiner 1 zu 1-Performance „Multiplex Realities“ Virtual Reality zum Einsatz und ermöglicht so die Erfahrung verschiedener Bewusstseinsebenen. Die Installation „Is a rose“ von Charlotte Triebus besteht aus hängenden Pflanzen, die die Bewegungen der Besucher über ein Trackingsystem aufnehmen. Warped Type präsentiert die Installation „Lichtleiter“, die in Zusammenarbeit mit der Komponistin Brigitta Muntendorf entstand. Die Medienkünstler Choy Ka Fai und Mária Júdová arbeiten an einer neuen Virtual Reality-Performance „Technological Flesh“, die sich mit Trance in schamanistischen Ritualen beschäftigt. Eric Minh Cuong Castaing und Xavier Boissari entwickelten eine Dance App, die ganze Gruppen zum Tanzen bringt. „Vibes“, wurde auf dem Fachtreffen „Dansathon“ in Lyon mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
Für Temps d’image am Tanzhaus (Erkrather Str. 30) gibt es Karten zwischen 6 und 22 Euro.