FFT „Die Abschaffung der Familie“

Düsseldorf · Nicoleta Esinencu wirft im FFT einen emphatischen Blick auf familiäre Strukturen in der Republik Moldau.

„Abolirea familiei / Die Abschaffung der Familie“ von Nicoleta Esinencu, produziert vom Theater Hau (Hebbel am Ufer) gemeinsam mit dem FFT ist nun auch in Düsseldorf zu sehen.

Foto: Dorothea Tuch

Familien sind im Kleinen der Spiegel der Gesellschaft, Zellen, die hochsensibel auf das reagieren, was in unserer Art zu leben passiert, was um uns herum geschieht – ob positiv oder negativ. Sie gilt für viele Menschen nach wie vor als Fixpunkt in ihrem Leben. Familie kann behüten, Wärme und Zusammenhalt bieten, kann einem die Basis geben, um frei zu sein. Andererseits kann einen die Familie auch fesseln, ersticken in festgefahrene Strukturen. Ist sie von Machtstrukturen durchwuchert, kann Familie auch erdrücken.

Die Autorin und Theatermacherin Nicoleta Esinencu hatte schon Anfang der 2000er Jahre mit ihrem Monolog „Fuck You, Eu.ro.Pa“ – mit dem sie international bekannt wurde – angefangen, Betrachtungen über gesellschaftliche Zustände auf die familiäre, persönliche Ebene herunterzubrechen. 2005 war der Text sogar im Reader des rumänischen Pavillons bei der 51. Biennale in Venedig zu lesen. Ihr engerer Wirkungskreis ist ihre Heimat, die Republik Moldau. Dort war die 1978 geborene Esinencu unter anderem Mitbegründerin der Initiative Teatru-spălătorie, die einen alternativen Raum für Diskurse zu aktuellen politischen und sozialen Prozessen in der Republik Moldau schaffen will. Dabei geht es auch immer wieder emphatisch um die Entwicklung des Landes in einer postsowjetischen Zeit.

Nun hat sie sich im Auftrag des Theaters Hau (Hebbel am Ufer), das kontinuierlich mit Nicoleta Esinencu und Teatru-spălătorie zusammenarbeitet, in Kooperation mit dem FFT explizit der Familie als Phänomen zugewandt. Ihre Performance „Abolirea familiei / Die Abschaffung der Familie“ ist eng mit der Situation in der Republik Moldau verknüpft – zwischen Tradition und Wandel. Die Familie gelte, so in der Ankündigung, auch in der Republik Moldau und auch nach dem Untergang der Sowjetunion als Norm. Und hätte eine „besondere Bedeutung erlangt“; „stilisiert zum traditionellen christlichen Gut“. Doch was passiert, wenn eine Familie den ökonomischen Herausforderungen einer politischen Krise nicht gewachsen ist und ihr die Auflösung droht?

Am Freitag, 17. Januar, und Samstag, 18. Januar, jeweils um 20 Uhr, im FFT Juta (Kasernenstraße 6) wird eben genau das durch persönliche Geschichten beleuchtet. Esinencu verknüpft die Erfahrung des Verlusts ihrer Eltern mit der Frage, was Familie im 21. Jahrhundert sei. Die Performer erzählen ihre eigenen Geschichten, kratzen am Mythos der Monogamie und richten ihren zersetzenden Blick auf – postuliert – immer noch bestimmende Systeme wie Kapitalismus oder das Patriarchat. Dies in ihren Muttersprachen, moldawisches Rumänisch, Russisch und Romani (Versehen mit deutschen und englischen Übertiteln). Doch in den 120 Minuten spielen auch Geräusche – mit denen man vielleicht die Geister der Vergangenheit vertreiben möchte? – eine Rolle. Die Fotos zeigen Küchengeräte, die die Performer für die Klangkulisse nutzen.

Man darf gespannt sein – bequeme Antworten sollte man weniger erwarten.