Neu in den Programmkinos „Die Deutschstunde“: Der Lenz-Klassiker als Film

Düsseldorf · Unser Kolumnist Philipp Koep beleuchtet aktuelle Filme in Düsseldorfer Programmkinos.

Philipp Koep kommentiert für die WZ Filme.

Foto: Judith Michaelis

Deutschstunde

Der 68er-Roman von Siegfried Lenz machte seinem Titel bald alle Ehre und wurde schnell zur Pflichtlektüre: Dabei thematisierte der Bildungsroman die Verweigerung von Unterricht und hinterfragte grade die „Pflicht“. Siggi Jepsen ist im Nachkriegsdeutschland in einer Anstalt für schwer erziehbare Jugendliche gelandet. Den Strafaufsatz zum Thema „Freuden der Pflicht“ nimmt er dann zum Anlass für eine Abrechnung mit seiner Jugend im Nationalsozialismus als Pflichterfüllung zur leeren Hörigkeit geworden war. Seinem Vater, dem örtlichen Polizisten (gespielt von Ulrich Noethen), sollte er bei der Durchsetzung des Malverbots gegen den expressionistischen Künstler Nansen (Tobias Moretti) helfen. Doch seine Freundschaft zu dem unkonformen Maler bringt Siggi in einen Loyalitätskonflikt gegenüber dem Vater, der von ihm den gleichen bedingungslosen Gehorsam fordert, wie er ihn der Nazi-Obrigkeit leistet.

Christian Schwochow hat sich an eine Verfilmung gemacht, die den Roman strafft. Doch die Relevanz der Gehorsamkeits-Lektion hat sich ebenso gewandelt wie die Rolle Emil Noldes, der Vorbild für den „verbotenen“ Nansen war. Nolde hatte zwar Malverbot, war aber Antisemit und Nazi-Anhänger. Davon erzählt Schwochow nichts.

Cinema, tgl. 16.30 h u. (außer Do/Mo/Mi) 19 h, Mo 17.30 h, Mi. 18.15 h

Joker

Die Latte lag hoch: Vor zehn Jahren brillierte Heath Ledger in seinem vorletzten Film „The Dark Knight“ bereits in der Rolle des grotesken Bösewichts und Batman-Widersachers Joker. Und auch Jack Nicholson hatte dem Horror-Clown schon seinen prägenden Stempel aufgedrückt. Und ausgerechnet „Hangover“-Regisseur Todd Philips soll der Figur etwas neues entlocken? Immerhin stand ihm mit Joaquin Phoenix ein ausgewiesener Charakterdarsteller zur Seite, der sogar den routinierten Robert de Niro zum Nebendarsteller degradiert. Philips schildert die Genese der Titelfigur als Folge von Erniedrigung und Depravierung. Das beklemmende, aber auch theatralische Porträt eines melodramatischen Amoklaufs.

Cinema, Vorpremiere am Mittwoch um 21 Uhr (engl. OmU)

Der Glanz des Unsichtbaren

Louis-Julien Petits Obdachlosen-Drama versucht den Spagath zwischen erbaulichem Feelgood-Kino und engagiertem Blick auf Missstände. Mit der Schließung des „L´Envol“ verlieren die Obdachlosen der heruntergekommenen Industriestadt einen letzten Zufluchtsort. Die Gemeinde streicht die Mittel, die Hilfseinrichtung arbeitet nicht erfolgreich genug und Leiterin Audrey ist oft zu nachsichtig mit ihrem Klientel. Mit Wut und Verzweiflung machen sich die Frauen gemeinsam an einen letzten Versuch, sich zu „integrieren“ – koste, was es wolle! Neben viel Mutterwitz kann die Sozialkomödie mit einem Blick punkten, der den Ausgestoßenen Schönheit und Würde verleiht.

Bambi, Vorpremiere am Mo. um 19 Uhr (frz. OmU)

Skin

Byrons Vergangenheit lässt sich nicht so leicht ablegen. Als Mitglied der neonazistischen Gruppe Hammerskins hat er sich die Symbole des Hasses auf seinen Körper tätowieren lassen – auch ins Gesicht. Er erfreut sich an seinem Dasein als Bürgerschreck und als Bösewicht, den auch das FBI überwacht. Als er jedoch 2006 eine Frau aus der Rassistenszene kennenlernt, die ihn heiratet und schwanger von ihm wird, beschließt Byron sein zerstörerisches Leben zu beenden. Trotz Morddrohungen seiner ehemaligen Gefährten verließ er aus die Szene und ließ sich schrittweise, die Tätowierungen entfernen. Für das auf einer wahren Geschichte basierenden Aussteigerdrama von Guy Nattiv hat Jamie Bell die Rolle des sich läuternden Nazis Byron Windner übernommen.

Metropol, Do/Mo/Di um 21 h, Fr/Sa/So/Mi um 21.30 h (Di/Mi im engl. OmU)

Remains – Nach der Odyssee

Die Bilder von ertrunkenen Flüchtlingen schockieren, aber sie sind auch schnell wieder verdrängt aus der öffentlichen Wahrnehmung. Anders ist es mit dem Leid der Angehörigen, die oft ganze Teile der Familie im Mittelmeer verlieren. Was geschieht eigentlich mit den Toten? So lautet die hintersinnige Frage der Dokumentation von Nathalie Borgers beim Blick auf Berge von gestrandeten Schwimmwesten und Bootstrümmern. Die Remains – also die Übrigbleibsel – sind auch Kleidungsstücke und Knochen, Zeugen des Überlebenskampfes.

Metropol, Sondervorstellung mit Hilde Heij vom DRK-Suchdienst, So. 14 Uhr

Elvis Unleashed

1968 schien die Zeit des King of Rock´n Roll vorbei und dann legte er ein glänzendes Comeback vor. Dieses Pop-Ereignis wurde bereits im letzten Jahr als „´68 Comeback Special“ im Kino ausgewertet, nun wird der „entfesselte“ Elvis mit zusätzlichem Bildmaterial und einigen Interviews (u.a. mit Dennis Quaid und dem Musikjournalisten Randy Lewis) von der Leine gelassen.

Metropol, Sondervorstellung nur am Mo. um 21.30 Uhr (engl. OmU)

Zwischen uns die Mauer

Zum 30.Jubiläum des Mauerfalls bringt dieses Jugenddrama das alltäglichen Grauens dieser deutschen Narbe noch einmal zur Geltung. Basierend auf dem autobiographischen Roman von Katja Hildebrand erzählt der Film von der 16jährigen Anna, die 1986 mit einer Kirchengruppe nach Ostberlin reist. Dort lernt sie Philipp kennen und verliebt sich schließlich in den jungen Mann, dessen Familie bereits im Visier der Stasi ist.

Bambi, Do./Sa./So. um 13.30 h, tgl. 21.45 h (außer Mo.)