Die prächtigen Löckchen aus der Renaissance
Im Museum Kunstpalast zeigt Kuratorin Sonja Brink die italienischen Zeichnungen der Sammlung Krahe in einer noblen Ausstellung.
Düsseldorf. Geradezu lichtscheu sind die italienischen Zeichnungen des 15. und 16. Jahrhunderts, die die Kuratorin Sonja Brink in jahrelanger Arbeit erforscht. Sie wurden von Lambert Krahe zusammengetragen, gingen in den Besitz der Kunstakademie über und landen im Museum Kunstpalast in licht- und luftdichten Archiven. Nun kommen sie in einer Auswahl im grafischen Kabinett ans gedimmte Tageslicht. Dabei kann Sonja Brink durchatmen, denn ihr gelang es, die unsignierten Blätter den Künstlern der Zeit zuzuordnen. Institute wie Max-Planck, die Hertziana in Rom und das Kunsthistorische Institut in Florenz halfen ihr dabei. Die Schau bietet Kostbarkeiten. Man nahm in der Renaissance keinen Filz- oder Computerstift, sondern die Rohrfeder für den temperamentvollen Strich oder den Silberstift aus legiertem Silber für die zarte Zeichnung. Herrliche Kopfstudien entstanden dabei wie der gelockte Männerkopf, der von Bartolomeo Passarotti stammt. Das dichte, gekräuselte Haupthaar ist gekonnt gekringelt, die Bartlocken umspielen Kinn und Wangen, als würden sie sich über diese Pracht amüsieren. Virtuos wirkt das Blatt in seinen Schraffuren und frei gehaltenen, lichten Stellen.
Von diesem Künstler aus Bologna stammt auch der Portraitkopf Michelangelos, nicht in stürmischer Rohrfeder, sondern eher zart in der Linie. Die Wangen sind leicht eingezogen, der Kopf im Profil wiedergegeben. Auch er trägt einen in den Kinnbart übergehenden „Moustache“, wie es Sonja Brink nennt. „Der Dargestellte wirkt asketisch“, sagt sie über den berühmten Mann.
Die Kuratorin hat die Ausstellung nach Regionen gehängt, um die Unterschiede etwa zwischen Venedig, Verona, Genua, Parma und Florenz deutlich zu machen. Bologna, von wo Passarotti stammt, genießt eine Sonderstellung als Schnittpunkt von Nord- und Süditalien. Die Stadt war offen auch gegenüber der niederländischen Kunst, so dass die Körper der dargestellten Personen nicht immer der antiken Formensprache entsprachen. In Venedig hingegen wirken selbst die Zeichnungen malerisch.
Der Biograf und Künstler Giorgio Vasari pflegte sich über den „gemischten Stil“ in Bologna zu mokieren, weil er eben nicht der reinen Lehre der italienischen Renaissance entsprach. Die Kunst Bartolomeo Cesis ist geradezu geprägt durch „einen authentischen Naturalismus“, wie es die Fachfrau nennt. Cesis Zeichnungen zeichnen sich durch eine bewundernswerte Spontaneität und Eindringlichkeit aus. Vieles lässt sich entdecken. Zwei annähernd quadratische Blätter, die den Kampf mehrerer nackter Männer mit armdicken Schlangen zeigen, werden dem Michelangelo Buonarotti zugeschrieben, der sich die eherne Schlange zeitweilig zum Wahrzeichen nahm.
Die Ausstellung nennt viele berühmte Namen wie Paolo Veronese, Franceso Parmigianino, Filippo Lippi oder Andrea del Sarto. Sie ist zugleich eine Vorhut für die Retrospektive von Lucas Cranach dem Älteren, die am 7. April ihre Vernissage im Kunstpalast hat. Dann kann jedermann im Ehrenhof Vergleiche zwischen der deutschen und italienischen Renaissance anstellen.