Kultur Kompakt Düsseldorf-Festival: Diese Johanespassion war ein einmaliges Erlebnis

Düsseldorf · Vor allem der isländische Tenor Benedikt Kristjánsson überzeugte in vielen Rollen.

Der Tenor Benedikt Kristjánsson sang und sprach viele Rollen in Bachs Johannespassion.

Foto: Nino Halm

„Dieses Konzert ist nicht alltäglich, wie das Festival Düsseldorf insgesamt“. So fasste Christiane Oxenfort, die Festival-Intendantin zusammen, was im vorletzten Konzert in der Neanderkirche zu erwarten war. In der Tat: Bachs Johannespassion ist normalerweise ein grandioses Klang-Event. Aber diese Aufführung klang anders. Die vielen Rollen wie Evangelist, Jesus, Petrus, Pilatus, dazu der große Passionschor: Alles wurde von einer Stimme, dem isländischen Tenor Benedikt Kristjánsson gesungen, teilweise auch akklamatorisch gesprochen. Wie kann eine einzige Stimme gegen das große Passionsorchester bestehen? Es gibt gar kein Orchester, nur zwei Musiker, Elina Albach, Cermbalo und Orgel und der Schlagwerker Philipp Lamprecht, der vor allem Vibraphon und Glockenspiel mit Filzschlägeln bespielte. Zwei großartige, äußerst präsente Musiker. Die Transformation findet beim Hörer statt, wenn er an Stelle eines üppigen Orchesters lediglich Vibraphon und Cembalo hört, aber dennoch die bekannten Rhythmen, Harmonien, Melodien authentisch erlebt. Verblüffend, wie komplex eine minimalistische Instrumentierung wirken kann. Der Sänger springt bei den Dialogen nahtlos von einer Rolle in die andere, singt sogar einstimmig einen ganzen Chor – zumindest schwingt der erwartete Chorklang imaginär mit. Die chorischen Rufe singt Kristjánsson gar nicht erst, vielmehr spricht oder ruft er die Sätze wie ein Schauspieler. Großartig, einfach genial. Seine Stimme, geschmeidig und glasklar, und mit erstaunlichem Tonumfang bis in höchste Töne, war nicht nur überzeugend, sondern mitreißend. Experiment gelungen! Zwischendurch wurden die Choräle von der Gemeinde (dem Publikum) prima vista und vierstimmig mitgesungen. So ähnlich muss es zu Bachs Zeiten geklungen haben.  Der Sologesang, am Ende im feinsten Pianissimo entrückt und verklärt gesungen, wurde abgelöst durch den Schlusschoral, den diesmal die drei Musiker gemeinsam a capella sangen. Diese Performance war nicht nur nicht alltäglich, sie war ein einmaliges Erlebnis und ein würdiger Abschluss des hochkarätigen und gut besuchten Festivals.