Unternehmen Frauen in den Fahrdienst: Die Rheinbahn will weiblicher werden

Düsseldorf · Vorstand Sylvia Lier will mehr Frauen als Fahrerinnen gewinnen – sonst wird nichts aus der Verkehrswende.

Noch in den 60er-Jahren arbeiteten auch in Düsseldorf Frauen als Schaffnerinnen in den Straßenbahnen.

Foto: Stadtarchiv/Rheinbahn / Stadtarchiv

Die Rheinbahn will weiblicher werden. Und das muss sie auch, wenn die Mobilitätswende in Düsseldorf gelingen soll. Denn dem Nahverkehrsunternehmen fehlen nicht nur Bahnen und Busse, sondern auch Fahrer. In dem Bereich sind Frauen mit 9,5 Prozent immer noch besonders unterrepräsentiert, wobei es 2016 sogar nur 7,9 Prozent waren. Neuen Schwung in die Frauenförderung bringen will Sylvia Lier, seit fünf Monaten kaufmännischer Vorstand der Rheinbahn. Für den 9. Oktober hat sie alle 429 Mitarbeiterinnen zum ersten Frauen-Netzwerktreffen eingeladen, 170 haben bereits zugesagt: „Wir wollen ermöglichen, dass sich Frauen aus allen Bereichen des Unternehmens kennenlernen, sich austauschen. Und dass diejenigen, die schon länger dabei sind, jüngeren Frauen Mut machen, sich weiterzuentwickeln und Neues zu wagen“, sagt Sylvia Lier.

Doch was bringt es den Fahrgästen, wenn sich der Frauenanteil erhöht? Ist es nicht völlig egal, ob ein Mann oder eine Frau eine Stelle besetzt, Hauptsache, der Betrieb läuft? Lier widerspricht: „Ich bin überzeugt, dass ein Mobilitätsunternehmen Weiblichkeit braucht, mit mehr Frauen nehmen wir auch mehr Perspektiven und ein breiteres Spektrum an Kundenwünschen wahr.“

Insgesamt liegt die Frauenquote der Rheinbahn bei 13,8 Prozent. Während der Verwaltungsbereich mit 41,7 Prozent im Normalbereich liegt, hinken Fahrdienst und Technik (5,8 Prozent) weit hinterher. „Natürlich sind Verkehrsunternehmen wegen ihres technischen Umfelds traditionell männerdominiert. Immerhin haben wir aber nach 2016 die Trendwende geschafft, doch ich wünsche mir, dass es in Zukunft noch deutlich nach oben geht mit dem Anteil weiblicher Mitarbeiter“, sagt die Finanzchefin.

Das müsste prinzipiell zu schaffen sein, wenn man bedenkt, dass noch 1996 immerhin 585 Frauen bei der Rheinbahn beschäftigt waren, danach setzte eine lange Talfahrt ein. Dass Frauen genauso gut eine Straßenbahn oder einen Bus steuern oder reparieren können, ist erwiesen. Schwierig gestalten sich häufig die Arbeitszeiten, insbesondere wenn die Fahrerinnen Kinder haben. Die Rheinbahn hat zwar begonnen, Dienstpläne flexibler zu gestalten, allerdings setzen die Zwänge des Fahrbetriebs und der Fahrpläne der Teilzeit weiterhin gewisse Grenzen. Dennoch geht da mehr, in Bremen zum Beispiel betrug der Frauenanteil im Fahrdienst 2017 immerhin 33 Prozent. Umso mehr wirbt Sylvia Lier um potenziell interessierte Frauen: „Wir sind ein sehr attraktiver Arbeitgeber für sie, das muss sich aber noch mehr herumsprechen.“ So besitze die Rheinbahn das Zertifikat ,Beruf und Familie‘, biete im Notfall auch mal kurzfristig eine Kinderbetreuung an ebenso wie sonstige Hilfe in schwierigen Lebenssituationen.

Schon seit 38 Jahren an Bord ist Bettina van Lin – als Kfz-Elektrikerin in der Buswerkstatt. Größere Akzeptanzprobleme bei den Kollegen habe sie nie gehabt, „man darf natürlich nicht übertrieben zimperlich sein“, sagt sie. Ernsthaft bedrängt worden sei sie nie, einmal, da war sie 16, griff ihr einer an den Hintern: „Dem habe ich eine schallende Ohrfeige verpasst und damit war das Thema ein für allemal gegessen.“ Ab und an stören sie praktische Dinge, etwa, dass es nur in Lierenfeld und Heerdt Duschen und Umkleiden für Frauen gebe, weshalb sie in anderen Werkstätten nur ungern arbeite. Dafür hat sie bei der Rheinbahn ihren Mann kennengelernt: „Da haben wir Frauen einen Vorteil“, sagt sie mit einem Augenzwinkern, „die Auswahl an Männern ist immens.“