Musikfestival Das Festival „Schönes Wochenende“ zeigte, was Kunstmusik sein kann
Düsseldorf · Das Konzert des Trickster Orchestra in der Tonhalle war beispielhaft für heutige Klangsprache.
Wenn man die These akzeptiert, dass Musik eine Sprache ist, könnte man fragen: Welche Sprache sprechen wir eigentlich heute? Blickt man in die Vergangenheit, so lassen sich ortsspezifisch und zeitspezifisch recht eindeutige Aussagen dazu treffen. Heute sieht die Angelegenheit schwieriger aus.
Just hierzu hatte jüngst der ungarische Dirigent Iván Fischer einen beachtenswerten Gedanken geäußert, der zwar nicht wirklich neu ist, aber den Nagel auf den Kopf trifft. Sinngemäß kurzgefasst: Das „Eklektische“ – also eine Mixtur aus unterschiedlichsten Einflüssen – sei die Musiksprache unserer Zeit. Denn unermessliche Vielfalt an musikalischen Richtungen umgibt uns unentwegt. Da trifft Folklore auf Bruckner, Gamelan-Musik auf Heavy Metal, wie Fischer es exemplarisch andeutet.
Dieses „Eklektische“, das alle Einflüsse in sich aufnimmt und zu etwas Harmonischem und Individuellem verarbeitet, hat sich auch das Berliner „Trickster Orchestra“ auf die Fahnen geschrieben. Und mit welch inspirierter Kraft, welcher zu Herzen gehenden Musikalität sie dieser Mission klanglichen Ausdruck verleihen, das konnte nun auch das Düsseldorfer Publikum im Rahmen des „Schönen Wochenendes“ in der Tonhalle erleben. Dieses Festival für Neue Musik fand diesmal nahtlos im Anschluss an das Schumannfest statt und zeitgleich mit der Jazz Rally. Nicht zuletzt aus diesem Grund war bei dem Konzert nicht derart viel Publikum präsent, wenngleich das Konzert sich schön in die Jazz Rally hätte fügen können.
Ohnehin muss an anderer Stelle nochmal der Frage nachgegangen werden, wie es allgemein um die Besucherzahlen des Schumannfestes stand und welche Konsequenzen daraus gezogen werden müssten – rosig waren sie jedenfalls leider nicht.
Aber zurück zur Musik, und diese lebt bei dem Orchester, geleitet von Cymin Samawatie und Ketan Bhatti, von einer funkensprühenden Mischung; ob nun europäische, asiatische, arabische, amerikanische oder auch Reminiszenzen aus der Pop- und Rock-Welt.
Mit einer ebenso bunten Vielfalt an Instrumenten gespielt, stand bei ihrem Programm die Lyric der Perserin Forough Farrokhzaad als durchschimmernde oder auch ganz explizite Leitmotivik im Fokus, ob instrumental, beredt kommentiert oder gesanglich interpretiert. Dabei wirkte dieser rhythmisch stets raffinierte, klanglich experimentell, aber schwelgerisch, bisweilen düster gefärbte, formal mal freie, mal durch Struktur durchdrungene Mix, wie ein Prototyp heutiger Kunstmusik.
Weil es eben im besten Sinne pure „Eklektik“ – ohne pejorative Konnotation indes – ist. Grenzenlose Weltmusik im guten Sinne, aber ohne Kitschverdacht.
Ohnehin scheint dieser Begriff „Kunstmusik“, der Raum für alles lässt, was nicht berechnend auf Kommerz kalkuliert ist, der trefflichste für heutige Musiksprache zu sein.