“Die Räuber“ im Schauspielhaus Räuber auf der Suche nach Sinn
Düsseldorf · Erfolgsregisseur Felix Krakau hat für das Junge Schauspiel eine eigene Fassung von Schillers Erstlingsdrama geschrieben.
In Friedrich Schillers Erstlingsdrama „Die Räuber“ stecke eine unglaubliche Energie, sagt Felix Krakau. Der Stoff interessierte ihn schon lange. Jetzt bringt er ihn auf die Bühne des Jungen Schauspiels, am 3. Dezember ist Premiere an der Münsterstraße. Für den Regisseur lebt das Sturm- und Drang-Stück ganz extrem von der Räubergruppe, die schwadronierend durch die Böhmischen Wälder streift: „Und auch von einer Sinnsuche“, ergänzt er, „von Menschen, die in der Welt vorkommen wollen, die um Akzeptanz ringen. Darum ist der Stoff so toll für ein junges Publikum.“ Eine Brücke zur heutigen Generation, ihren Befindlichkeiten und ihrem Tatendrang sei leicht zu schlagen.
Dieses Übervollsein mit Gefühl und das Hadern kennt Krakau aus seiner eigenen Jugend: „Man spürt, so kann es nicht weitergehen“, beschreibt er: „Man möchte in seinem Überschwang die Gesellschaft zum Guten verändern, weiß aber nicht so genau, wie man das anstellen soll. Wenn man durchstarten will und nicht recht vom Fleck kommt, erzeugt das emotionalen Druck.“
Unter den Klassikern sei Schiller sein Favorit. „Weil seine Sprache rhythmisch ist und mir Lust macht, damit zu arbeiten“, begründet der Regisseur. Gleichwohl hat er als erfahrener Theaterautor fürs Junge Schauspiel seine eigene Fassung geschrieben. Welche Akzente waren ihm dabei wichtig? „Ich wollte die Geschichte aus der Gruppe heraus erzählen, ihre Erlebnisse beleuchten und weniger den Bruderkonflikt von Franz und Karl von Moor in den Fokus stellen“, antwortet er: „Wo ist der Grundkonflikt, wo das emotionale Zentrum? Darum ging es mir.“ Der vertraute Schiller-Text sei natürlich noch klar zu erkennen, beteuert er. Aber manches habe er lieber in seiner eigenen Sprache ausdrücken wollen, um es für Jugendliche greifbarer zu machen.
Hat er in dem Stück etwas entdeckt, was ihm neu war und ihn beim Inszenieren beschäftigte? „Ja“, stimmt er zu: „Spannend fand ich den Punkt des Verrennens. Man bricht auf, löst sich vom Elternhaus, lässt alles hinter sich und macht sich auf den Weg. Ob es am Ende der richtige war, weiß man nicht. Rückgängig zu machen ist er dann aber nicht mehr.“ Eine Haltung zu entwickeln, zu seinen Entscheidungen zu stehen und damit umzugehen – auch das wird im Stück thematisiert.
Hier kommt wieder die Gruppe ins Spiel, die eine Dynamik entfacht, nicht immer zum Besten. Der Mut, einem Anführer nicht blind zu folgen, sondern zu widersprechen, wenn etwas falsch läuft, sei gerade heute, in einer Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche, aktuell. Andererseits, führt Felix Krakau an, vermittle eine Gruppe auch Werte wie Freundschaft und Solidarität: „Man hat ein Netzwerk, fühlt sich aufgehoben und muss nicht alles alleine lösen.“
Von 2016 bis 2018 war der gebürtige Hamburger Regieassistent am Schauspielhaus, seitdem wohnt er in Düsseldorf. 2017 realisierte er mit André Kaczmarczyk die szenische Installation „Jeff Koons“ bei Philara. Seine erste eigene Inszenierung am hiesigen Theater war „Peer Gynt“ für die Bürgerbühne, seine jüngste „Ödipus“ im Kleinen Haus. Dazwischen lagen Arbeiten fürs Schauspielhaus Wien, die Neuköllner Oper in Berlin und, erneut in Düsseldorf, „O Fortuna! You’ll never walk alone“ und „Reality Check – eine Verschwörungssimulation“.
Mehr und mehr bekam das eigene literarische Schaffen Gewicht. Sein Stück „Royals“ inszenierte Krakau in diesem Herbst am Theater Bremen. Derzeit ist von ihm in Essen das Solo „Showtime – ein enttäuschender Abend“ mit Christopher Heisler zu erleben. „Es geht um Rückschläge und das Scheitern“, erklärt er, „aber auch um den Funken Hoffnung, der darin keimt.“ „Ich liebe das Proben und das Inszenieren“, sagt Felix Krakau: „Aber manchmal bin ich total froh über Phasen, die ich nur am Schreibtisch verbringe. Ich brauche diese Zeit für mich allein.“